Hallo MSTS-Fans.
Heute will ich ein wenig über die Bremskraft - Dimensionierung im MSTS diskutieren.
Ich modifiziere ja nach und nach alle eng- und wag- Dateien meines Trainsets, und da ist dies ein entscheidendes Thema, um ein realistischeres Fahrverhalten zu erreichen. Speziell die Waggons haben hier ja oft sehr unterschiedliche Werte, und ich will die auf ein einigermaßen einheitliches System bringen.
Für die Bremskraftberechnung brauche ich vorerst einen Wert für die erforderliche Verzögerung.
Bei meinen Recherchen habe ich bis jetzt erfahren, dass
für Bremsart R in der Regel eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h gilt,
für Bremsart P in der Regel eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h gilt und
für Bremsart G 80 km/h gelten.
Diese Geschwindigkeiten sollten innerhalb des üblichen Abstandes von 1 km zwischen Vorsignal und Hauptsignal abgebremst werden können.
Die Formel zur Errechnung der Beschleunigung/Verzögerung sieht so aus:
a=v²/2s
"a" ist das Zeichen für Beschleunigung in m/s² (Meter pro Sekunde hoch 2)
"v" ist das Zeichen für Geschwindigkeit in m/s (Meter pro Skunde)
"s" ist das Zeichen für Weg in m (Meter)
Wenn ich für die Geschwindigkeit km/h einsetze muss ich die Formel abwandeln:
a=(0,28v)²/2s
Mit dieser Formel komm ich zu folgenden Werten: (2. Dezimalzahl gerundet)
Bremsart R: 0,65 m/s²
Bremsart P: 0,56 m/s²
Bremsart G: 0,25 m/s²
Ein Wert von 0,65 m/s² bedeutet eine Geschwindigkeitsänderung von 0,65 m/s (2,34 km/h) pro Sekunde, das sind nach 10 Sekunden 23,4 km/h.
Um bei einer Beschleunigung von 0,65m/s² eine Geshwindigkeit von 100 km/h zu erreichen, dauert es 43 Sekunden.
Eine Mittelklasselimousine erledigt das in rund 10 Sekunden!
Bei Zügen, die 160 km/h schnell fahren (R160) muss die Bremsverzögerung noch höher sein.
a= (0,28 x 160)² / 2000 = 1,0 m/s²
Diese Verzögerung ist mit konventionellen Bremsen nicht mehr möglich, daher verwendet man bei Triebfahrzeugen zusätzlich die "Dynamische Bremse" und bei Waggons die Magnetschienenbremse, um diese Verzögerungswerte sicher zu erreichen.
Wie es bei Zügen, die schneller als 160 km/h fahren gehandhabt wird, weiß ich nicht. Entweder können sie noch höher Verzögerungen erreichen, oder der übliche Signalabstand wird erhöht. (Stichwort LZB)
Auf Wikipedia habe ich eine Abhandlung über die Eisenbahnbremsen gelesen, wo beschrieben wurde, dass Hochgeschwindigkeitszüge bis zu 1,3m/s² Bremsverzögerung, moderne Personenzüge 0,9 bis 1,1 m/s² und moderne Güterzüge bis 0,44m/s² erreichen können.
Zur Berechnung der Bremskraft nehme ich daher für R: 0,7 m/s²
Zur Berechnung einr Kraft nimmt man diese Formel:
F = m * a (Kraft = Masse x Beschleunigung)
Die Einheit der Masse ist kg, die der Kraft ist N (Newton)
Setzt man für die Masse Tonnen ein, so erhält man für die Kraft kN.
Daher kann ich anhand des angeschriebenen Bremsgewichtes leicht die zugehörige Bremskraft ermitteln, die ich dann als MaxBrakeForce in die eng/wag-Datei eintrage.
Bsp1:
R = 110t
110 * 0,7 = 77 kN
Zur Berechnung der Bremskraft für MSTS-Fahrzeuge nehme ich immer den höchsten Wert, da wir ja beim MSTS keine Bremsartenumschaltung haben.
Die Werte R+E lasse ich allerdings unbeachtet, da hier auch die Bremskraft der E-Bremse mitgerechnet wird. Das ist aber eine andere Geschichte.
Meine Berechnungen sind rein theoretische Berechnungen. Es wird noch nicht mit eingerechnet, dass die Fahrwiderstände (Lagerreibung, Rollreibung, Luftwiderstand) bei der Verzögerung mithelfen.
Es ist gut möglich, dass im Eisenbahngebrauch andere Berechnungsmethoden angewandt werden, die zu geringfügig anderen Ergebnissen führen.
Fraglich ist auch, ob bei der Anhaltewegbemessung wie beim Auto ein Reaktionsweg miteingerechnet wird, und wie hoch die Sicherheitsreserven sind.
Ich glaube aber, dass ich mit meinen Berechnungen ein relativ realistisches Bremsvermögen im MSTS erreiche, und auf das will ich ja hinaus.
Beachten muss man aber auch, dass weitere Einstellungen bei den Bremsen ebenfalls erheblichen Einfluss auf die Bremsleistung des Rollmaterials haben.
Wichtig ist, dass beim Eintrag "BrakeCylinderPressureForMaxBrakeBrakeForce( )" kein höherer Wert ( üblicherweise 3 - 3,5 bar = ca. 43 - 50 psi) eingetragen ist, als der Druck, der in der Hauptluftleitung herrscht ( üblicherweise 5 bar = 72 psi), sonst kann die Bremse ihre volle Bremskraft nicht ausschöpfen.
Da gibt es noch andere Faktoren, die den maximal möglichen Druck im Bremszylinder steuern, doch das Ganze ist ein sehr undurchsichtiges Thema.
Am besten kennt sich hier unser Herma aus, von dem ich mir auch einige Ergänzungen zu diesem Thema erwarte.
Ich habe herausgefunden, dass es am besten ist, wenn man mit dem Consist ein paar Vollbremsungen ausführt, und die Bremszylinder-Druckwerte der einzelnen Wägen im HUD ( HUD 4 bei Patch 1.8 ) abliest und notiert. Wenn man diese Werte bei den jeweiligen Wägen als "BrakeCylinderPressureForMaxBrakeBrakeForce( )" einträgt, sollten die Wägen dann auch ungefähr die maximale Bremskraft aufbauen können.
Ich hoffe, dass dieses Thema für manche Forums-Kollegen ein eben so interessantes Thema ist, wie für mich, und würde mich freuen, wenn sie Ergänzungen oder Berichtigungen zu diesem Thema hinzufügen würden. Angesprochen sollten sich auch die wenigen Lokführer in diesem Forum fühlen.
lG
Hyglo