Autor Thema: Orient-Express 7: Dampf in der Ägäisregion (50 B. + 1 V.)  (Gelesen 9480 mal)

Roni

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Hallo!


Zum Video der Reise kommt man hier, aufgenommen mit Canon EOS 7D (auf 1080p HD stellen):
Mit einer Floridsdorferin durch Anatolien /
Turkey 2013 - Steam & Diesel, September 20-28

http://www.youtube.com/watch?v=xFRjlmE2N64&hd=1


Zum vorherigen Teil der Serie:
Orient-Express 6: Trans Anatolien E... (50 B. + 5 Scans)
http://www.mstsforum.info/index.php?topic=3519.0


Detaillierte Karte des TCDD-Bahnnetzes (Achtung - 12,9 MB):
http://www.tcdd.gov.tr/upload/Files/ContentFiles/2010/harita/TR-M-S-001.jpg



23. 9. 2013

Wir befinden uns am ersten Fotozugtag von sechs der Reise, auf der Strecke Usak - Dumlupinar (- Afyon). Es sollte ein perfekter Tag zum "Aufwärmen" sein, hier gab es keine spektakulären Stellen, aber nette Motive und recht heftige Steigungen.

Zu den Eisenbahnen im Osmanischen Reich muss man erwähnen, dass sie bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein von diversen Gesellschaften unterschiedlicher internationaler Investoren gebaut und betrieben wurden. Dies erklärt unter anderem auch die Vielfalt der Dampflokbaureihen der späteren TCDD. In dieser Woche werden wir uns zunächst vor allem auf ehemaligen Gleisen der britischen "Smyrna and Cassaba Railway", späteren französischen "Smyrne Cassaba & Prolongements" (SCP) bewegen.
Näheres zur Geschichte findet sich hier: (auf Englisch)
http://www.trainsofturkey.com/w/pmwiki.php/History/SCP


Das erste Bild der ersten Fotoanfahrt kurz vor Kapaklar habe ich bereit am Ende des vorigen Berichtes gezeigt, nun die zweite Fotoanfahrt. Ich filmte gelegentlich auf der Reise, jedoch nur etwa 3 Szenen pro Tag. Ich hatte nämlich letzten Winter in der Slowakei meine übliche Kompakt-Foto/Videokamera auf den Boden fallen lassen und bis jetzt keinen Ersatz besorgt. Nur Fotografieren ohne immer auch ans Video zu denken machte doch auch Spaß. Dafür filmte ich auf dieser Fahrt, von der ich schon ein paar bewegte Bilder mit Ton mitbringen wollte, wenige Vorbeifahrten mit meiner 7D - und machte unterdessen Fotos mit einer 450D, so wie die nächsten zwei. Den resultierenden Film kann man unter dem Link ganz oben betrachten.
Der Wind war an diesem Morgen am stärksten, zudem die Temperaturen noch ziemlich niedrig. Dies produzierte eine schöne Dampfwolke, vor der ich gleich einen der omnipräsenten Telegraphenmasten ins Bild setzen konnte. Es waren jedoch meist nur noch zwei Drähte erhalten, zumindest aber kein Kabel oder ähnliche Neuerungen.



















Am Morgen war der Tender stets so voll, dass er in Kurvenneigungen überschwappte. Durch die Dieselunterstützung war auch keine Auffrischung der Vorräte unter Tags nötig.









Nun setzte sich DE24249 wieder vor den Zug, alle weiteren Tage sollte sie am hinteren Ende ihren Dienst leisten. Die mitfahrenden Verschieber waren auf Zack, An- und Abkuppeln ging immer sehr hurtig vonstatten. Auch sonst wurde bei Fotohalten nicht viel gefackelt, manchmal ging es aber auch zu schnell, besonders wenn man noch eine Videokamera einrichten musste.




Nächster Halt in der weiten Landschaft des Anatolischen Plateaus. Obwohl das Gebiet politisch zur Ägäisregion gehört, liegt die Stadt Usak bereits auf fast 900 Metern Seehöhe.




Virtuell etwas verlängerter Güterteil des GmP vor der Kulisse von Usak.














Voll-Mondlandschaft.
Viele Flächen sind hier übrigens Äcker, jedoch waren wir genau in jener Periode dort, in der einerseits bereits fast alles abgeerntet war, andererseits die trockenste Zeit des Jahres gerade am Höhepunkt angelangt war.




Nun fuhren wir ein Stück, vorbei an der Station Nohutova - die uns immer etwas zweifeln ließ, ob wir uns nicht gerade doch auf Fotofahrt durch Böhmen befanden... ;-)
In Banaz machten wir eine kleine Pause, DE 24335 wartete bereits mit einem Güterzug Richtung Usak auf Ausfahrt. Dg53752 und ich waren als einzige Planverkehr-verrückt genug, um dem Ding hinterher zu hetzen. An der Ausfahrt erwischte ich auch eine der vielen neugebauten Moscheen, alle Minarette in der Region hatten das gleiche blaue Glasdach verpasst bekommen - offensichtlich hat sich jemand damit ein goldenes Näschen verdient.




Als der Zug vorzog, kam uns ein toller Tofas "Murat" (das Ding heißt wirklich so, ursprünglich ein Fiat 124, aber noch bis in die 2000er von Lada oder dem indischen Hersteller Premier in Lizenz gebaut) entgegen. Leider blockierte uns die Güterwagenschlange anschließend den Weg, was zu meiner ersten Handverletzung der Reise führte... ich wurde aber gleich professionell verarztet. Allerdings konnte ich dadurch keine Vorräte im Ortszentrum gleich neben dem Bahnhof besorgen, wurde aber nachher freundschaftlich versorgt.




Um halb zehn fand der nächste Fotohalt statt - offensichtlich hatten wir den Wilden Osten der Türkei gegen den Wilden Westen eingetauscht!




Hier wurde gerade ein neuer Brunnen gebaut, im Feld daneben reiften grellrote Chilischoten heran.









Red Hot Chili Pepper









Nun wechselten wir auf die Apfelwiese... ;-) *

* Ebenfalls eine bekannte Fotostelle am Semmering


Während in Mitteleuropa heuer die Apfelernte karg ausfiel, gaben in Kleinasien die Äste unter der Obstlast nach.














Am netten Bahnhof von Oturak. Hier beginnt der steile Anstieg zur Passhöhe von Dumlupinar, in Dampf- wie in heutigen Dieselzeiten wurden schwere Güterzüge mit Schiebelok gefahren.
Überall, praktisch an jeder Strecke, an die wir kamen, wurde intensiv gebaut. Links sieht man einen Gleisbauzug, vor fast jedem Bahnhof lag ein riesiger Stapel Betonschwellen. Ebenfalls typisch für die Region waren große Güterschuppen direkt gegenüber des Bahnhofsgebäudes mit ausladendem Dach über dem Ladegleis.




Wassertürme waren ebenfalls noch an vielen Bahnhöfen sichtbar, dieser hier ist ein späteres Standardmodell.














Ausfahrt von Oturak mit Wasserkran und altem Personenwagen.




Nun erreichten wir eine Topstelle des Anstiegs, dort war gerade ein großer Trupp Gleisarbeiter beschäftigt.




Hinten in der Kurve sah man den Zug anfahren...




Wäre es nicht langsam Zeit den Weg zu räumen? - Keine Angst, das Ding fuhr nicht viel schneller als Schritttempo in der Steigung.




Letztendlich donnerte die Lok unter uns in einen Tunnel.









Leichte Herbstfarben oder Verdorrungssymptome waren an ein paar wenigen Bäumen auszumachen, am letzten Tag sollten es dann mehr sein.




Hagebutten gab es beidseits des Tunnels zur Genüge.




Die anderen vergnügten sich mit der Tunnelausfahrt, Karabük, Dg53752 und ich schauten noch einmal auf die andere Hügelseite - und sahen, wie die Gleisarbeiter fein säuberlich ihre Picknickkörbe ausgepackt hatten! Zwei Tage später würden wir dann eine kulinarisch noch reichhaltigere Gleisarbeiter-Begegnung haben...









Wir fuhren nun den Berg hinauf, stoppten, und rollten langsam wieder runter. Zuerst dachten wir an eine weitere Fotostelle, doch dann sahen wir, dass der Busch schon relativ lichterloh in Brand stand. Feuer am ersten Tag der Tour könnte schlimme Konsequenzen für die weitere Ausführung haben, denn TCDD-Managern war der jederzeitige Abbruch wegen Brandgefahr möglich. In den Sommermonaten waren Dampflokfahrten in der Türkei komplett untersagt. Also setzten einige Eisenbahner aber auch Fotografen ihre Brandbekämpfungstechniken ein, die halbwegs von Erfolg gekrönt waren. Auch unten in der Ebene sah man ein Feuer, doch da rückte schon ein Feuerwehrlastwagen heran. Nach einiger Zeit stiegen einige tapfere, verrußte und von Dornen zerschnittene Kollegen wieder in den Zug, und wir setzten unsere Bergfahrt fort.

Erinnerungsfoto für Großvatterns Album, Dumlupinar, September 2013




In Dumlupinar kamen wir aufgrund des Löscheinsatzes erst nach halb zwei an und mussten wegen einer drohenden Streckensperrung für Gleisbauarbeiten sofort zurück nach Banaz. Die Diesellok setzte gleich um, und wir rollten wieder hinunter, an einer großen stehenden Atatürk-Statue auf dem Hügelgipfel vorbei. Am Ort des Brandes angekommen, züngelten schon wieder Flammen hervor. Doch wir blieben nur kurz stehen, denn schon sahen wir das Feuerwehrauto über eine Wiese den Hügel herunterrumpeln. Überhaupt bot das Panorama über die Ebene Blick auf einige Brandherde in der Umgebung - viele wohl eher kontrollierte Feuer zum Abfackeln von Feldern, doch die Feuerwehr hatte insgesamt sicher alle Hände voll. Das Gute daran: wir konnten unsere als potentielle Verursacher halbwegs in Unschuld waschen.

Am Toilettenhäuschen von Banaz entdeckten wir diese so ziemlich handgroße Gottesanbeterin.




Wir folgten dem Zugpersonal ins Stadtzentrum zur Mittagspause und setzten uns draußen vor ein recht international wirkendes Lokal, das sogar eine englischsprachige Karte anbot. Ich nahm Iskender Kebap, während mein Zimmergenosse sich an seiner Leibspeise Sac Kavurma erfreuen konnte, die er in den folgenden Tagen vergeblich suchen sollte. Um 16:30 kehrten wir zum Bahnhof zurück, davor kaufte ich in einem Laden ein - fast überall traf man deutschsprachige Leute. Mittlerweile hatte die Tourleitung ein paar am Rücken tragbare Kanister mit Spritzen beschafft, die immer mit Wasser gefüllt im Waggon mitgeführt werden sollten. Damit konnte man jedes weitere Feuer schon im Keim ersticken.

Wir fuhren mit der Diesellok am Zugende voraus Richtung Usak, die Dampflok weiterhin ostwärts schauend. Nach 17:30 waren wir wieder in den weiten Kurven um Kapaklar zugange, hier wurden drei Fotoanfahrten durchgeführt...



















Hinter Kapaklar starteten wir um 18:20 unser Glint - Sonnenuntergangsspektakel, der Zug fuhr dauernd auf und ab.














Wir verteilten uns an der Strecke, hierhin schafften es nur wenige.




Feldweg-Bahnübergänge werden in der Türkei traditionell mit im Boden steckenden rot-weiß lackierten Stahlschwellen markiert.




Für den Sonnenuntergangsshot musste ich nun zur nächste Kurve eilen.




Und der letzte Streckenschuss des Tages im nicht mehr goldenen, sondern schon pinken Glint.



Vor 19:30 waren wir wieder zurück am Bahnhof von Usak. Zunächst wollten sich mein Zimmerkollege und ich um das Umbuchen der Flüge kümmern. Wir suchten ein Elektrogeschäft auf dem Fußweg ins Hotel auf, wo ich einen 4er-Verteiler um 10 TL kaufte, denn die Hotelzimmer boten meist nur zwei Steckdosen. Zufällig hatte der Verkäufer einen Multifunktionsdrucker am Schreibtisch stehen, wir baten ihn, unsere Flugticketreservierungen zu kopieren. Dies wollte er natürlich wie im gastfreundlichen Land üblich kostenlos machen, aber ich ließ ihm doch ein bisschen etwas für die Kopierkosten liegen. So hatten wir gleich alle Erledigungen auf einen Schlag geschafft, nur das Efes fehlte noch. Im Hotel erfuhren wir von einem Turkish Airlines Büro in der Stadt und begaben uns auf eine kurze Suche. Jedoch hatte es um die Zeit klarerweise geschlossen, die Öffnungszeiten waren landesüblich nirgendwo angeschrieben. Das Problem war, dass wir uns nie zu Geschäftszeiten in einer größeren Stadt aufhalten würden...

Im nächsten Teil werden wir nach Alasehir hinunterdampfen, bis dahin! :-)

messermoser

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Re: Orient-Express 7: Dampf in der Ägäisregion (50 B. + 1 V.)
« Antwort #1 am: 17. Oktober 2013, 16:33:59 »
Wieder ein Hochglanz Bildband.

Danke
Schoenen Gruss aus Bali
Peterle


Speedy

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Re: Orient-Express 7: Dampf in der Ägäisregion (50 B. + 1 V.)
« Antwort #2 am: 17. Oktober 2013, 22:54:24 »
Einfach wieder herrliche Aufnahmen von Dir...

Danke
Bei uns läuft alles...

...bald laufen auch Sie ! ! !