Autor Thema: Alpintour, August 2014 (1 V., 1 B.)  (Gelesen 3463 mal)

Roni

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Alpintour, August 2014 (1 V., 1 B.)
« am: 29. August 2014, 17:21:18 »
Hallo!

Das Video von meiner kürzlichen Reise ist jetzt online (auf 1080p stellen)  :-)
https://www.youtube.com/watch?v=FKJad_c9CkM&hd=1


Zunächst verbrachte ich mit Familie und Freunden ein paar Tage im Salzkammergut. Auffällig war die hohe Zahl an eingesetzten 1142ern, am ersten Tag befanden sich mindestens drei im Umlauf, wobei es keine Rolle spielte, ob es sich um REX nach Stainach-Irdning oder Regionalzüge nach Obertraun-Dachsteinhöhlen handelte. Talent sah ich jeweils nur einmal pro Tag, ansonsten 44er. Am Wochenende 16.-17. 8. bespannte die blutorange 1142.575 mit Pflatsch REX 4422 - REX 4429, letzteren erwischte ich von Hallstatt aus. Allerdings war ich in den Tagen so wenig auf Bahn eingestellt, dass mich sogar die anderen auf den ÖGEG "kaiserlichen" Sonderzug nach Bad Ischl am 15. 8. aufmerksam machen mussten. Wir erlebten das augenzwinkernde Spektakel in der Masse mit, die 78.618 passte nur nicht ganz zum guten alten Franz Joseph... ;-)

Am Morgen des wunderschönen 17. 8. starteten wir unsere Alpentour von Bad Aussee aus, es ging über Attnang-Puchheim nach Salzburg, von wo wir mit dem Bayernticket den Meridian nach München bestiegen - die Fahrzeit ist ja nur geringfügig länger als beim Railjet. Am Chiemsee wurde der aus 4 FLIRT-Einheiten bestehende Zug von Massen an schlammverschmierten Festivalbesuchern geboardet, was nichts Gutes für unseren knappen Anschluss zum alex in München bedeuten würde. Noch dazu entschied man sich kurzfristig dazu, unseren Zug nicht auf dem Hallengleis 11, sondern 10 außerhalb der Halle einfahren zu lassen, was bis zum ebenfalls außerhalb liegenden Gleis 27 einen Sprint über drei Hallenlängen bedeutete - doch wir schafften es in letzter Sekunde dank eines netten Zugbegleiters/Buffetbedienung im hintersten Waggon. Wir erreichten unser Quartier in Kempten, anschließend begab ich mich schnell zur Iller-Brücke um den nur am Sonntag verkehrenden EC 1290 nach Zürich zu erwischen. Der Rest des Tages war der Besichtigung von Kempten sowie Allgäuer Biertraditionen gewidmet, um die gerade auslaufende Allgäuer Festwoche machten wir natürlich einen großen Bogen - im Ausseerland hatte es schon zu viele Dirndl- und Lederhosenaufläufe gegeben. Am Montagmorgen ging es früh los für mich, ich fuhr bis Immenstadt und wanderte in Richtung der Alpseen. Am Kleinen Alpsee erwartete einen gleich eine herrliche Morgenstimmung mit Bodennebel, später am Großen Alpsee war es nicht schlechter. Um 10 Uhr ging es zurück bis Martinszell, wo die beiden kurz hintereinander folgenden ICs aus Oberstdorf mit 218ern schön kitschig eingefangen werden konnten. Zu Mittag holten wir in Kempten unser Gepäck und gönnten uns ein Taxi, um die Koffer nicht noch einmal durch den eher trostlosen Teil der Stadt ziehen zu müssen. Der sonst eher schweigsame Taxifahrer war nur eines - heilfroh, dass die Festwoche endlich vorüber war. Wieder einmal nahmen wir den alex, wo wir das Abteil mit zwei lustigen Pensionisten teilten, und kamen bald über den Damm im Mini-Venedig Lindau an. Weiter ging es per EuroCity, im mit der SBB Cargo Re 421 angekoppelten Verstärkerwagen blieben wir fast allein. Nachdem wir den Rhein überquert hatten, brachte uns ein Doppelstock-RE von St. Margrethen nach Chur, wo wir gleich Anschluss zum Albula-RE hatten.

Natürlich hatten wir die Ereignisse der Woche davor stets mitverfolgt, doch die Strecke war ja schon mit 16. 8., also zwei Tage davor, binnen kürzester Zeit wieder eröffnet worden. Ich weiß nicht, ob als Folge davon, aber Ge 6/6 II 707 "Scuol" war all die Tage unseres Aufenthaltes im Umlauf der Albulazüge unterwegs. Wir passierten die Unfallstelle in Langsamfahrt (siehe Video Minute 15:10) - die Wirtin unseres wohlbekannten Hotels Grischuna in Filisur meinte, die Berichte wären übertrieben, doch was man da sah, war alles andere als übertrieben - nur senkrecht wäre steiler, und die paar Bäume im Weg ein Riesenglück. In Filisur angekommen schaute ich noch schnell zum Landwasserviadukt für die zuverlässig um 18:30 kreuzenden Güterzüge, manchmal an unterschiedlichen Stationen, aber immer um die Zeit. Der folgende Tag war als Regentag angesagt, der Vormittag sah etwas besser aus. Wir fuhren frühmorgens nach Chur, unsere bestellten Sandwiches zum Frühstück waren leider nicht geliefert worden - am Abend stellte sich heraus, wieso: wir wurden verwechselt, und ein anderer Gast hatte die Brote einfach genommen... Als Ausgleich dafür gab es ein Filisurer Röteli aufs Haus. Am Morgen stiegen wir in Chur aufs Postauto nach Flims Waldhaus um, die älteste Postautostrecke Graubündens. In Flims Waldhaus kann man über ein touristisch gut erschlossenes Hochplateau wandern, der zum Baden genutzte (nicht diesen August, offensichtlicherweise...) Caumasee kann durch eine selbstbediente Standseilbahn erreicht werden. Wir gingen jedoch weiter, bis der Rand der Rheinschlucht gesichtet wurde, dort entlang folgend erklomm ich anschließend "Il Spir" - den "Mauersegler" -, eine über den Felsen hängende Aussichtswarte. Es wurden ein paar Züge, auch Güter-, abgewartet - das Postauto fuhr ebenfalls wie das Uhrwerk stets das Posthorn bedienend die Serpentinen zur Station Versam-Safien als Zuganschluss bergab und bergauf - und das Wetter wurde unversehens immer besser. Gerade rechtzeitig, als eine mit Kutsche herchauffierte französischsprachige Pensionistengruppe nahte, beendeten wir die Session am Ausguck. Als wir hinab in die Ruinaulta stiegen, war es schon sehr sonnig, immer wieder boten sich Ausblicke auf Felswände und Züge. Über die kombinierte Bahn/Wanderwegbrücke erreichten wir das andere Ufer und nutzten den letzten Felsvorsprung als Fotoplatz - zwei Irre fuhren über den meterbreiten Grat per Mountainbike - , bevor wir den Bahnhof erreichten. Nächster Punkt war Disentis/Mustér, manche besichtigten das Kloster, ich suchte Fotostellen mit Kloster und auch für den gigantischen Talblick ostwärts auf. Immer in Sonne fuhren wir am Nachmittag durch die Schlucht zurück, in Trin kreuzten wir den werktäglichen RE 1246 nach Ilanz, welcher mit Be 4/4 513 geführt wurde. Nach Filisur ging es mit dem selben Zug wie am Tag zuvor, im selben Waggon, mit der selben blonden Pendlerin aus Thusis - nur beförderte uns diesmal Ge 6/6 "Scuol" höchstpersönlich den Berg hinauf. Den sonnigen Abend des "regnerischen" Tages genossen wir mit Calanda und Albula-Blick auf der Hotelterrasse.

Der Mittwoch war noch verregneter angesagt - was macht man da? Nun, in die Hochalpen! Über Samedan und Pontresina ging es den Berninapass hinauf. Der Lago Bianco war von niederem Nebel bedeckt, dennoch sagte mir mein Riecher, dass man in Ospizio Bernina aussteigen sollte. Unter Nieseln und stärkerem Wind wanderten wir am Ufer Richtung Bernina Lagalb entlang, am Staudamm erreicht man die Wasserscheide zwischen Mittelmeer (Po) und Schwarzem Meer (Inn). Und tatsächlich, pünktlich zur Vorbeifahrt des ersten Zuges riss es genau über dem Gletscher auf. Es blieb sonnig, bis wir die Station Bernina Lagalb erreicht hatten, doch wir hatten an dem Tag noch einiges vor. Die nächste Station im sonnigen Süden war das Kreisviadukt von Brusio, das man Dank günstigen Zugkreuzungen zu Mittag im Sommer innerhalb einer Stunde Aufenthalt gut aufnehmen kann. Auch Italien durfte nicht zu kurz kommen, also ging es noch ins Zentrum von Tirano mit der "Straßenbahn"-Stelle (wobei auch andernorts, Le Prese, auf der Straße gefahren wird) - und alles ohne Allegra-Triebwagen, sondern mit guten, alten ABe 4/4 III, die uns auch anschließend als Bernina Express nach St. Moritz brachten. Hier im Norden war es den ganzen Tag tatsächlich regnerisch gewesen, in der Stadt mit durchschnittlich 320 Sonnentagen im Jahr begrüßte uns das ungemütlichste Wetter der Reise, zudem eine massive Baustelle am Bahnhof und kühle Hotelbunker - da hilft nur eine warme Schokolade am Bahnhofsbuffet und schnell zurück nach Filisur zu einem guten Abendessen im Hotel. Der Mittwoch war stabil schön angesagt, am Vormittag in Preda kämpfte sich schon die Sonne durch den aus den Regenmassen des Vortages resultierenden Morgennebel. Anschließend ging es in die klassischen Kehren von Bergün, wo ich mit 3 Ge 6/6 II (wieder 1x vor RE) vs. 2 Ge 4/4 III eine schöne Altbau-Ausbeute hatte. Zur Mittagspause genossen wir das Menü in Filisur mit Trutenbrust aus dem Ofen, dann fuhren wir nach Davos, ich allerdings nur bis Wiesen. Das Krokodil war angesagt, es pendelte die ganze Woche zwei Mal täglich zwischen Davos und Filisur, allerdings waren wir bisher nie über Tag dagewesen. Noch dazu konnte man es mehrmals erwischen, denn während des Aufenthaltes von mehr als einer halben Stunde in Wiesen wurden Leute über das Viadukt zum Aussichtspunkt geführt, konnten dort den Zug während der Überfahrt fotografieren und am anderen Ende wieder einsteigen. Während der Wartezeit war ein Putztrupp mit der Reinigung der Stationstafel beschäftigt, mindestens eine halbe Stunde lang - Reinlichkeit muss sein... Nach der Vorbeifahrt des Krokodils ging ich über die Brücke auf eher wackeligen Planken zurück, bei denen man lieber geradeaus schaut als hinab, und konnte meine Augen kaum trauen was mir da auf der anderen Seite begegnete: ein Pferd! Anschließend wartete ich oberhalb der Station auf die Rückfahrt des Krokodils und konnte gleich den kreuzenden Planzug erwischen. Am Abend klapperten wir die üblichen Stellen am Landwasserviadukt ab - wieder einmal war es ein produktiver Tag gewesen.

Am Freitag reisten wir in der Früh weiter, zunächst bis Thusis. Dort erwartete uns eine Güterzugfuhre mit Ge 4/4 II und Krokodil, doch wir verliessen die Bahn für eine Weile und frühstückten italienisch in "Bundy's Bistro". Wir hatten den Postauto-Eilkurs nach Bellinzona reserviert, vor der Abfahrt im Doppeldecker sah ich natürlich, wie immer um Thusis, meine Pendler-Blondine warten. Wir nahmen im oberen Stock in der zweiten Reihe Platz, so konnte man auch gut nach vorne sehen. Es ging durch die Via Mala, die Schlucht des Hinterrheins, über Splügen bis zum San-Bernardino-Pass. Unser Eilkurs nahm den Tunnel, doch der Pass wäre ohnehin noch im Nebel gewesen. In der Schweiz trifft man ja herrlich urige Typen, aber nichts geht über die Postauto-Fahrer. Auf dieser Fahrt murmelte unserer zunächst immer wieder etwas auf Schwiizerdütsch ins Mikrofon, ich verstand es halbwegs, danach meinte er: und jetzt auch noch auf Hochdeutsch... Es wurde die Abfahrtszeit beim Halt im Ort San Bernardino eingemahnt, sowie der Espresso um 2,40 angepriesen. Als wir weiterfuhren, kam die Meldung: "Ich könnte jetzt auch Italienisch sprechen, aber eigentlich ist hier noch alles Graubünden." Gemeint war das Misox oder Val Mesolcina, in das man sich über spektakuläre Serpentinen hinunterwindet. Auch eine RhB-betriebene Schmalspurbahn nach Mesocco gab es hier einmal, diese wurde jedoch nach Schäden aufgegeben. Noch kann man allerdings die Trasse erkennen, es wäre wirklich eine wunderschöne Strecke gewesen. Ab Bellinzona brachte uns ein IR in einer Stunde zu unserem nächsten Übernachtungsort, Göschenen. Wir checkten schnell im Hotel ein, welches vom Bahnhof in 5 Minuten zu erreichen war, eine herrliche Aussicht auf den Dammagletscher bot und wo hauptsächlich Österreicherinnen den Laden schupften. Anschließend ging es mit dem Bus ins nahe Wassen, wo eine klassische Session folgte - natürlich nicht in der abgelutschten "Kurve". Ein Motiv gelang mir mit Hütte und echtem "Alpöhi" (so heißt er wohl richtig, denn in der Schweiz gibt es keine Almen, sondern Alpen). Der Verkehr war solala, irgendwie komme ich immer um den Ferragosto zu den Alpenquerungen, aber natürlich gab es nach wie vor ausreichend Züge. Nachdem wir uns ausgetobt hatten, stoppten wir eine halbe Stunde in Amsteg und nahmen dann den Bus bis Flüelen. Am Abend fuhren wir im Wagen mit Halbfenstern den Gotthard hinauf, in Göschenen stand als Überraschung das große SBB-Krokodil als Lokzug - das zweite ungeplante Reptil des Tages nach der Schmalspurvariante in der Früh - , danach genoss ich einen massiven Fitnessteller im Hotel.

Der Samstag bot den letzten Höhepunkt der Reise an der Dampfbahn Furka Bergstrecke, das Postauto verließ Göschenen direkt um 8:10. Wir kämpften uns durch die aktuellen Baustellen der Schöllenenschlucht bis Andermatt, passierten das schöne Örtchen Hospental, dann wurde der Furkapass in Angriff genommen. Hier war es offensichtlich Sport, mit dem Moped den Berg zu überwinden, denn wir überholten einige zusätzlich zum Motor tretende Leute. Uns begegnete anschließend ein Auto "Achtung Radrennen!", für die nächsten Stunden strömten die Radrennfahrer über den Pass, zusammen mit Töff-Piloten und anderen Touristen - manchmal wähnte man sich wie im Grandprix. Ich hätte übrigens nie gedacht, dass ich einige schweizerische Vokabel jemals benötigen würde, doch im Postauto wurden auf einem Bildschirm Nachrichten des Thuner Tagblattes angezeigt. Eine Topmeldung lautete beispielsweise: "Während des jährlichen Stadtrats-Ausfluges kam es zu einem Unfall bei der Trottinett-Abfahrt und zu Sticheleien beim Boule-Spiel." (Trottinett ist ein Tretroller). Bei Belvédère Furka stiegen wir aus, hier befindet sich der einfachste Zugang zu einem alpinen Gletscher, nur ein paar hundert Meter vom Bus. Allerdings musste man für die Eisgrotte im Souvenirladen Eintritt bezahlen, jedoch muss man sagen, dass man in der Schweiz trotz sehr heftiger Preise nie das Gefühl hat, abgezockt zu werden - normalerweise bekommt man seine Leistung, und der Allgemeinheit zugängliche Sachen sind nie sehr teuer. Am Rhône-Gletscher angelangt lässt sich auch der Rückgang gut verfolgen, im 19. Jhdt. reichte er noch bis ins Tal nach Gletsch, der heutige Gletscherzungensee entstand erst Mitte der 2000er Jahre. Das Eis um die Grotte wird mit Tüchern vor der Sonnenstrahlung geschützt. Ich konnte einige Panoramen einfangen - leider hatten wir Pech mit durchziehenden Nebelschwaden beim ersten bergfahrenden Zug, doch einen erwischte ich in voller Herrlichkeit bei Sonne auf der ganzen Länge des Tales vom Scheiteltunnel-Ausgang in Muttbach-Belvédère bis Gletsch. Anschließend ging es mit einem der für die Schweiz sehr spärlichen Busse nach Tiefenbach, wo wir schnell 300m bergab unter die Nebelgrenze wanderten. Bei der nächsten Bergfahrt bot sich ein surreales Bild, der Dampf vermengte sich mit dem Nebel. Nach einem anstrengenden Aufstieg über 2000m Höhe wärmten wir uns im lokalen Restaurant. Dann brachte uns ein Postauto bis Gletsch, wo Anschluss nach Oberwald bestand, aus dem Bus fotografierte ich den letzten Dampfzug des Tages. Der Fahrer des zweiten Busses betätigte sich sogleich als Fremdenführer und berichtete begeistert über alles, was es zu bewundern gab - unter anderem den Kehrtunnel der Furkabahn. Am Bahnhof Oberwald angekommen freute er sich riesig, als wir ihm sagten, dass er für seinen Job absolut überqualifiziert sei. Es war nun kalter Wind aufgekommen, und wir warteten lieber drinnen die halbe Stunde bis zu unserem Matterhorn Gotthard Bahn-Zug nach Andermatt und durch die Schöllenenschlucht nach Göschenen. Am nächsten Tag wollte ich noch zu den Brücken ebendort spazieren, doch bei Regen, Wind und Nebel blieben wir lieber gemütlich zum Frühstück drinnen. Um 9 gingen wir mit Gepäck zum Bahnhof, vom Bahnsteig konnte man das Motiv mit Zahnradbahn-Brücke und Gotthardtunnel-Portal gut umsetzen. Per IR fuhren wir nach Arth-Goldau, wo wir in den ICN nach Zürich umstiegen. Dort folgte eine Einkaufs- und kurze Fotosession am Hauptbahnhof, bis es vorbei war mit der Herrlichkeit - der Railjet nach Wien erwartete uns...


Vorschau-Screenshots aus dem Video: