Autor Thema: Sizilien 2016 - 2: Giardini-Naxos (50 B.)  (Gelesen 5159 mal)

Roni

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Sizilien 2016 - 2: Giardini-Naxos (50 B.)
« am: 13. April 2016, 23:46:04 »
Hallo!



Zum vorherigen Teil der Serie:
Sizilien 2016 - 1: Taormina (50 B.)
http://www.mstsforum.info/index.php?topic=3772.0


Zum Video:
https://youtu.be/L8L4FAom1hI




21. 3. 2016

Am Montag zu Mittag war unser Flyniki-Flug aus Wien pünktlich in Catania gelandet. Wir warteten am Gepäckband 4 eine Weile und riefen noch einmal wegen des schon bestellten Taxis an, wie uns bei der Bestellung aufgetragen worden war. Es folgte ein mehrminütiges Gespräch, in dem alles erneut genau erläutert wurde, auch dass wir in unseren ersten Eindrücken des sizilianischen Verkehrschaos nach "Torino 5" Ausschau halten sollten. Wir fragten uns: was soll das sein? Doch dann tauchte auch schon ein weißes Taxi auf, an dessen Seite "Torino 5" stand, und alles war geklärt. Bald hatten wir die ersten Hindernisse überwunden - das beobachtete Problem: sobald eine Lücke frei ist, fährt irgendwer hinein ohne auf andere Rücksicht zu nehmen. So entstehen immer wieder Pattsituationen, in denen absolut niemand mehr vor oder zurück kann, beispielsweise wenn jemand auszuparken versucht. Wir plauderten mit unserem freundlichen Taxifahrer, der uns dazu anbot für 90 Euro (auch der exakte Preise auf der Webseite) gleich bis Taormina zu führen. Doch da wir unseren angepeilten Regionale 3856 ab Catania Centrale um 14:11 locker erwischen würden und die Onlinekarten um einen Bruchteil des Preises schon in der Tasche hatten, lehnten wir klarerweise ab. Diese Verbindung war auch nötig, um halbwegs Tageslicht an diesem Nachmittag in Taormina genießen zu können und dazu die Nachmittagsschnellzüge zu erwischen. Zudem wollte ich mich bei der Trafik im Bahnhof erkundigen, ob dort Fahrkarten für die Circumetnea (FCE) zu bekommen wären. Im Internet wurde man nicht schlüssig, es ist nur eine Liste an Verkaufsstellen angegeben, sonst keine Information, wie man an Tickets kommt. Nun, erste Information: Fahrkarten gäbe es nur am Circumetnea-Endbahnhof Catania Borgo, in der Trafik bekäme man nur Tickets für die ebenfalls von der FCE betriebene Metro.

Erster Eindruck von Catania Centrale: auf den Gütergleisen stand gleich ein eben solcher Zug, Richtung Süden bespannt von "Caimano" E656.55. (letzte Stelle unlesbar)!




Ein akkurates Bild der aktuellen wirtschaftlichen Lage Süditaliens...




Ganz außen am Ufer entlang fährt die schon erwähnte Metro - in einem anderen Teil werden wir sie noch mehrmals erkunden.




Unser Zug näherte sich pünktlich von Siracusa kommend, in Catania waren vier Minuten Aufenthalt eingeplant - den wartenden Menschenmassen angepasst. Ein erster Schock: da schob eine E464 nur drei Wagerln vor sich hin... und das Maximum auf der Strecke waren vier! Ein bisschen knapp bemessen für die Passagieranzahl, auch wenn viele nur Kurzstrecken fuhren und in Catania - der zweitgrößten Stadt der Insel - bei Weitem die meisten einstiegen.
Dennoch bekamen wir auch mit Gepäck Platz in einem teils als Großraum, teils in Abteile aufgeteilten Waggon. Nun checkte ich mein Handy für einen zweiten Schock: ich hatte darauf gebaut, mit der Trenitalia App aktuelle Verspätungen abfragen zu können - denkste, auf meinem iPhone meldete er: Region nicht als Europa erkannt - offensichtlich zählte Sizilien schon zu Afrika... Bei meiner Begleitung funktionierte es mit gleichem Betreiber aber anderem Telefon problemlos, sich ein Datenpaket für die Woche zu kaufen. Bald darauf installierten wir einfach die App am anderen Telefon und leiteten Verspätungsanfragen weiter, doch am ersten Tag saß ich ohne Information da.
Bis jetzt lief zumindest im Zug alles nach Plan, wir fuhren auf der nördlich von Catania zweigleisigen Neubaustrecke durch eine Serie Tunnels, bis wir in Cannizzaro - wo gar kein Aufenthalt geplant war - etwa zehn Minuten standen. Danach rollten wir wieder an, und kamen kurz darauf mitten im Tunnel erneut zu stehen. Es verging eine Zeit, dann kam eine Durchsage es gäbe eine technische Störung und man würde sobald es möglich sei weiterfahren. Die Einheimischen im Abteil begannen unruhig zu werden und mit sie Erwartenden zu telefonieren. Ich dachte schon das wäre es mit dem Nachmittag, doch immerhin rollten wir recht bald darauf langsam weiter. Nach der ersten Station - Acireale - schien alles wieder zu funktionieren, und wir setzten die Fahrt mit normaler Geschwindigkeit fort. In Giarre-Riposto sah ich eine ex-SNCB GM-Großdiesellok für den italienischen Bauzugeinsatz stehen, leider konnte ich sie dort am nächsten Tag nicht mehr entdecken.
Letztendlich trafen wir um 15:20 statt 14:48 am schönen Bahnhof Taormina-Giardini ein.




E464.150 beschleunigte nach schneller Abfertigung Richtung Messina.




Nun, ein wenig Zeit blieb noch für den nachfolgenden Nachtzug, doch es musste schnell gehen. Also zuerst unser Gepäck in die nur 500 m entfernte Pension ziehen, das ist ja normalerweise eine Frage von wenigen Minuten - denkste, Schock #3: Fußgänger haben auf Sizilien einen derart niedrigen Stellenwert, dass nicht einmal auf den paar Metern zwischen touristischem Bahnhof und Ort entlang der sehr engen, dicht befahrenen Strada Statale 114 ein Gehsteig eingerichtet worden war, und das bei einigen gefährlich engen, blinden Kurven. Ich zog meinen Koffer rasch zur Pension, stellte ihn dort ab und sprintete wieder zum Bahnhof zurück. Bald dahinter sollte der einzig existierende Gehweg Richtung Taormina hinaufführen - denkste: gesperrt! Vermutlich aufgrund Hangrutsches...

Also, was tun? So weit wie möglich hinaufgehen und hoffen, dass man etwas sieht: was man zumindest tat. Ein Minuetto als R 12877 Messina - Catania fuhr gerade pünktlich ein und traf auf den hinter unserem Zug steckengebliebenen, dadurch zwanzig Minuten verspäteten R 12880 aus Catania.




In Betrieb sind offensichtlich nur noch die drei Hauptgleise und das eine Stumpfgleis rechts für Bauwaggons.




In der Not findet man Motive... und dieses hier gefiel mir gar nicht so schlecht! :-)









Ohne Information über den anstehenden Nachtzug, und da wir ja eigentlich nach Taormina hinauf wollten, ging ich nun zur Pension zurück. Dabei kam ich an einer Ferienwohnung vorbei, die sich für "Patienten und Angehörige" des nahen Spitals anpries, "nur 5 Minuten Gehweg": ja, wenn man die überlebt und nicht selbst als Notfall dort landet! ;-)

Gerade als ich zum Bahnhof kam, hörte ich das Brummen eines einfahrenden Caimanos - und voilà: der 30 Minuten verspätete ICN 1584 (Zugnummer an Montagen unterschiedlich) Syrakus - Mailand.




Der Nachschuss wurde verfeinert durch einen fast indisch-bunt bemalten alten Laster.




Dieser Palmentopf würde unseren Aufenthalt nicht heil überleben: gerade als wir am Abfahrtstag am Bahnsteig warteten, wurde der Rand des Topfes Opfer eines missglückten Ausparkmanövers.




Der schönste (was keine große Kunst ist, Messina Centrale an der selben Strecke ist vermutlich der schirchste Bahnhof, den ich je gesehen habe ;-)) und gepflegteste Bahnhof Siziliens, das Jugendstilgebäude von Taormina-Giardini.
Auch hier ist geplant eine zweigleisige Neubaustrecke im Tunnel zu errichten und die Station zu demolieren, doch aufgrund des historischen Erbes gibt es Kontroversen.
http://operecis.gov.it/site/cis/home/opere-in-corso/messina-catania-palermo/scheda2742.html




Ich erreichte unsere schöne Pension mit sehr freundlichen Besitzern - wobei uns den gesamten Urlaub auffiel, wie freundlich und hilfsbereit die Menschen in Sizilien generell sind. Im Zentrum der Gemeinde Giardini-Naxos ist die Hauptstraße in zwei Einbahnen aufgeteilt (Gehsteige gibt es immerhin), zwischen denen dieser Innenhof als Oase liegt. Der Verkehr kommt während der Nacht praktisch zum Erliegen, über die Balkontür auf das Meer hinaus wurden wir stets nur vom Wellenrauschen in den Schlaf gewiegt.




Die Bushaltestelle Richtung Taormina lag direkt am Ufer vor unserem Balkon. Einige Fischerboot befanden sich am Strand, mit Blick Richtung Zentrum des Ortes.




Ich hatte auf ihn gewartet, und gerade als der Bus hinauf nach Taormina kurz vor fünf Uhr schon im Anrollen war, tauchte er doch noch mit zwanzig Minuten Verspätung auf: der erste Tages-IC aus Rom, IC 721 Roma Termini - Siracusa.




Das Buchtpanorama, Bahnhof und Taormina in der Mitte unten und oben.




Am Abend kehrten wir im Mondenschein zurück.





22. 3. 2016

Nach meiner Morgensession an der Isola Bella (siehe vorherige Reportage) traf ich kurz vor acht Uhr am Bahnhof ein. Ich hatte ein wenig Zeit, denn es zahlte sich nicht aus den hier gezeigten R 12861 nach Giarre-Riposto zu nehmen. Dieser wurde nämlich planmäßig auf dem kurzen Weg dorthin vom zehn Minuten später verkehrenden RV 3867 Richtung Siracusa überholt.




Ich schaute nicht so genau beim Automaten und begab mich gleich zum Schalter (Bild von einem anderen Tag, offen war er). Nach kurzer Zeit kam jemand, ich konfrontierte ihn mit der Anfrage eines Billetts nach Giarre und zurück. Nun, kein Problem, doch fünf Euro zum Rausgeben hätte er nicht. Also bekam ich einen Stapel 50 Cent Münzen überreicht. ;0)














RV 3867 mit sogar vier(!) Waggons trudelte pünktlich ein, und auch die Überholung klappte - doch mehr von dem Ausflug im dazugehörigen Bericht.




Am selben Abend hatte ich mich im Pendlerverkehr von Catania in einen Minuetto gequetscht - und war ihm zumindest etwas schlanker entstiegen.





23. 3. 2016

Am folgenden Tag war das schlechteste Wetter der Reise angesagt - dafür hatten wir den Tagesausflug nach Siracusa eingeplant. Diesen werde ich im nächsten Bericht veröffentlichen, zur Circumetnea kommen wir danach.

Ein erster Blick um 7:30 vom Balkon offenbarte diese Szenerie (wer findet den ICN aus Rom?):




Jawoll! :0)




Dawlish? Was ist Dawlish?




R 12861 kam pünktlich an. Unser Strand war vorübergehend verschwunden.




Nach dem ausgiebigen Frühstück kam sogar ein wenig die Sonne heraus. In dieser Pension - ein Konzept, das ich von früher in Italien praktisch nicht kenne, da blieben wir immer nur in Hotels - gab es kein Buffet. Jeden Tag wurde etwas anderes Gekochtes serviert, dazu einiges Kaltes, sowie Gebäck und Mehlspeisen zur Auswahl. Dieses typische Gässchen verband unsere Pension mit dem Meer.




Surrealer Blick auf unsere Bucht.




Der fast pünktliche IC 722 Siracusa - Roma trotzte dem Gegenwind.




An Fischen war jetzt nicht zu denken.




Wir warteten auf unseren Zug um 10 Uhr.




Bei der Rückkehr am Abend konnte ich die schöne Decke knipsen.





24. 3. 2016

Der Donnerstag zeigte sich schöner, auch wenn die Wogen noch recht hoch gingen.




Ich fuhr mit dem Bus zum Capo Taormina und erwischte sofort den ersten Nachtzug ICN 1955 aus Rom (siehe vorheriger Teil). Da er verfrüht unterwegs war, sah ich ihn auf dem Weg hinunter zur Isola Bella noch immer in der Station warten. Im Hintergrund die verschneiten Hänge des Ätna.




Nach dem zweiten Nachtzug um 8:30 kehrte ich auf diese Seite zurück. Was sich nun abspielte war mir ein Rätsel, und wird es wohl auf alle Ewigkeiten bleiben. Der mit weniger als zehn Minuten Verspätung angekommene ICN 1959 blieb einfach im Bahnhof stehen. Schon war er über eine halbe Stunde verspätet, da kam um 8:57 eine Wendezuggarnitur als R 12846 aus Siracusa etwas verspätet eingefahren und der ICN setzte die Fahrt endlich fort. Und das obwohl einige Kreuzungsbahnhöfe sowie der zweigleisige Abschnitt sehr nahe lagen. Kurz darauf folgte pünktlich R 12867 aus Messina als Minuetto unter Wolken, der den Wendezug eigentlich woanders hätte kreuzen sollen. Bald kam die Sonne hervor, das Wetter war nicht so stabil, und ich freute mich, dass endlich ein Zug fahren würde. Was tat sich? Nichts! Beide Züge blieben einfach im Bahnhof stehen - so lange, dass ich mir schon dachte: da fährt jetzt eventuell überhaupt nichts mehr... Was könnte sein, dass plötzlich in keine Richtung mehr etwas fährt? Stromausfall? Signalstörung? Weichenstörung? Schäden an beiden Zügen? Streckensperre?
Dann, plötzlich: der Wendezug aus Siracusa fuhr Richtung Catania zurück, der Minuetto blieb stehen. Es tat sich wieder länger nichts, dann kam plötzlich ein anderer Minuetto (als Ersatz für R 12846?) unplanmäßig aus Catania und setzte um 9:40 die Fahrt Richtung Messina fort, hier mit Blick hinauf nach Taormina und nun bei stabil schönem Wetter. Die herrlichen Farben sind übrigens genauso, wie ich sie gesehen habe, es wurde nichts verändert.




Um 9:50 fuhr eine halbe Stunde verspätet endlich der Zug, auf den ich eigentlich gewartet hatte: IC 722 Siracusa - Roma. Danach setzte sich nach 50 Minuten Stehzeit auch der erste Triebwagen nach Catania in Bewegung.




Die Stelle selbst ist leider nicht so schön wie die herrliche Umgebung, sondern an der dicht befahrenen Straße gelegen... Entlang dieser finden sich noch einige weitere Perspektiven, doch bei dem Verkehr ist es sehr unangenehm dort zu wandern. Dennoch kamen viele Touristen des Weges, um den Blick zu fotografieren, sogar eine junge Malerin mit Staffelei.




10 Minuten verspätet traf RV 3851 Messina - Siracusa ein.









Ich wartete noch ein wenig auf einen potentiellen Güterzug, doch aufgrund der ganzen Verzögerungen war das schon sehr unwahrscheinlich.




Diese "Biker-(Roller)-Gang" wollte unbedingt fotografiert werden, doch ich musste nun bereits zum Bus.




Bald darauf traf ich mich mit den anderen für den zweiten Circumetnea-Ausflug.




Am Abend streiften wir durch Giardini-Naxos auf der Suche nach einem Lokal, das unterhalb unserer Pension hatte leider zu. An etwas "ungewöhnliche" Öffnungszeiten muss man sich in Sizilien anpassen.









Dieses nahmen wir nicht, es war eine heruntergekommene Bar. In der Nähe unserer Unterkunft fanden wir dann doch eine Trattoria, wo uns die Besitzerin exzellente hausgemachte Gerichte servierte, mir unter anderem eine Fischplatte. Ansonsten ist man hier bestens versorgt - die Strukturen mit vielen Läden dermaßen klein, dass auf der kurzen Distanz zwischen Bahnhof und Ort sicher drei Fleischhauer, zwei Bäcker und zwei kleine Supermärkte zu finden waren. Dazu kommen mobile Obst- und Gemüsestände.






25. 3. 2016

Am letzten Morgen in Giardini war die See endlich wieder so ruhig, dass sich die Fischer hinaus trauten.




Um die Enge der Straße zu vermeiden, nahmen wir mit Gepäck diesmal den Bus zum Bahnhof. Ich hatte aus der Ferne das Ende einer Wagenschlange einfahren gesehen, und siehe da: der Güterzug stand noch dort! Ich joggte zur Zugspitze, da glaubte ich hinter mir jemanden rufen zu hören. Einer der Lokführer schaute gerade lachend aus der Tür und deutete mir nach hinten. Da waren mir doch tatsächlich der Vorstand und die Bahnhofspolizeichefin hinterher gelaufen. Ich zeigte in der Ferne die Kamera und schwenkte sie über meinem Kopf, daraufhin drehten die beiden unverrichteter Dinge um. Ich weiß nicht was sie sich dachten, dass ich die Fuhre mit einem Personenzug verwechsle und aufspringe? Das wäre bei dem Zustand der E656 doch eher wenig einladend... Die Lokführer hatten auf jeden Fall ihren Spaß und fuhren gleich danach fröhlich pfeifend Richtung Catania aus.




Nächstes Mal setzen wir unsere sizilianische Reise im Barock sowie der Antike von Syrakus und Umgebung fort. :-)