Autor Thema: Sizilien 2016 - 4: Rund um den Ätna I (50 B.)  (Gelesen 7125 mal)

Roni

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Sizilien 2016 - 4: Rund um den Ätna I (50 B.)
« am: 26. April 2016, 10:44:38 »
Hallo!



Zum vorherigen Teil der Serie:
Sizilien 2016 - 3: Syrakus - Noto (50 B.)
http://www.mstsforum.info/index.php?topic=3776.0


Zum Video:
https://youtu.be/L8L4FAom1hI




22. 3. 2016

RV 3867 hatte mich am Dienstagmorgen pünktlich um 8:20 nach Giarre-Riposto gebracht (siehe Reportage-Teil 2).
Dieser Brunnen wirkt als wäre er seit der Antike hier im Bahnhofseinsatz.




Ich fragte an der Bahnhofsbar erneut nach den Circumetnea (FCE)-Karten, dort bekam ich von der Kellnerin die freundliche Antwort "Im Zug"...




Durch eine unscheinbare Zaunlücke zwischen Schwellenstapeln, die aussieht als wäre dort jahrzehntelang nur ein Hintertürchen gewesen, gelangt man vom Hauptstreckenbahnhof hinüber zum (zu) verschlafenen Schmalspuräquivalent. Ich hätte mir die Gleise näher anschauen sollen... nur um es gleich vorweg zu nehmen: das ist das einzige aktive Schmalspurfahrzeug, welches man in Giarre oder Riposto zusammen mit dem Ätna aufnehmen konnte.




Ich ging die typischen Straßen des quadratisch geplanten Riposto hinunter Richtung Meer.




Und bog an einer Schule vorbei, wo die Schüler gerade den vorletzten Tag vor den Osterferien begannen - in Italien ist nicht die ganze Woche frei - , zur Haltestelle Riposto-Villa Comunale ein, mein eigentliches Wunschmotiv. Doch der rostige Gleiszustand sagte einem sofort, dass nichts zu erwarten war, zudem lagen schon Müll und Steine auf den Schienen. Dennoch hatte man - als ob nichts wäre - den Februar-Fahrplan an die Haltestellenwand geklebt.




Also marschierte ich weiter bergab zur Endstation Riposto. Ich traf genau zur Planabfahrtszeit eines Zuges ein, doch es zeigte sich nichts, kein Schienenersatzverkehr - der, falls er fuhr, woanders verkehren musste. In der Kassenhalle blinkte ein moderner Fahrkartenautomat für nichts vor sich hin. An den Gleisen standen zwei Busse, aber es war keine Menschenseele zu entdecken.
Tja, so musste ich mit dieser verlassenen Kiste für das Ätna-Motiv Vorlieb nehmen - besser als nichts...




Die Rostigkeit des Streckengleises.




Ätna-Impression.




In Sizilien wuchs schon alles, was man woanders viel später erwarten würde.




Was tun? Ganz einfach: über Catania fahren. Da ich bis zum nächsten Zug noch Zeit hatte, erkundete ich die interessanten Straßen von Riposto, die ein komplett anderes Flair als Taormina ausstrahlen.




Blick Richtung Dom. Sprachaufenthalte werden hier vielerorts angeboten.




An der Marina von Riposto, die sich groß "Porto dell' Etna" nennt, standen die meisten Boote noch am Trockenen.




Eine exquisite Ansammlung typischer Straßenvehikel.




Vor den zu dieser Uhrzeit schon praktisch leeren Hallen des Fischmarktes.




Die vielen kleinen Obst- und Gemüseläden Siziliens bieten frisches Grün in übernatürlichen Dimensionen, die man aus Mitteleuropa nicht kennt.




Der Dom San Pietro, in neoklassizistischem Stil erbaut.









Gegen zehn Uhr kehrte ich zum Bahnhof zurück, um den Ätna von Catania aus im Süden zu umrunden - doch für diese Reportage bleiben wir auf der Nordseite.






24. 3. 2016

Aufgrund meiner Erfahrungen von Dienstag schauten wir uns für einen gemeinsamen Circumetnea-Ausflug am Donnerstag nach alternativen Transportmöglichkeiten um und stießen auf den einzigen Interbus ( http://www.interbus.it ), der Taormina Richtung Randazzo, Maletto und Bronte mit Ziel San Teodoro verlässt. Die Abfahrt war um 11:00, was mir für eine Morgensession an der Küste (siehe Teil 1 und 2) genau passte.
In Taormina stiegen wir gemeinsam mit diesem niedlichen Welpen ein. Noch nie habe ich ein Tier gesehen, das so genau einer Spielzeugversion entspricht, nicht nur komplett runder Körper und Stummelbeine mit Schwänzchen gleicher Länge, sondern auch ein Kläffen wie aus der Konserve. :0)




Wir hätten nicht unbedingt in Taormina einsteigen müssen, denn der Bus fuhr wieder in gemütlichem Tempo nach Giardini hinunter und mit der Möglichkeit an jeder lokalen Haltestelle zuzusteigen an unserer Pension vorbei. Wir schlichen entlang der Küste bis Alcantara, dann ging es in das landschaftlich tolle Valle dell'Alcantara - ein Bonus für diese Busverbindung, die quasi non-stop Sightseeing unterwegs ermöglicht. Denn man folgt der eingestellten Normalspurstrecke Randazzo - Alcantara, von deren erster Planung bis Fertigstellung es zunächst einmal 1873 - 1959 gedauert hatte. In Betrieb war sie dann nicht so lange, 1994 wurde sie temporär für Arbeiten eingestellt, ab 2002 endgültig. Einen kleinen Teil, Randazzo - Mojo-Alcantara, plant die FCE eventuell wieder in Betrieb zu nehmen.
https://it.wikipedia.org/wiki/Ferrovia_Alcantara-Randazzo

Was für eine herrliche Strecke das wäre... hier mit Brücke, im Hintergrund die ehemalige Station Graniti.









Der große Viadukt von San Cataldo beim gleichnamigen Ort.




Beim Eingang des Naturparkes zur Alcantara-Schlucht stiegen ein paar Touristen aus, im Städtchen Francavilla die restlichen Passagiere. Danach hatten wir den großen Bus als Privattaxi den Rest der Fahrt für uns alleine, und der tingelte nach Fahrplan noch stundenlang durch die Gegend.




Impressionen vom sizilianischen Straßenrand.




Diese alte Brücke über den Fluss Alcantara war ausnahmsweise für uns gedacht, im Hintergrund zeigten sich die schneebedeckten Hänge des Ätna.




Wir durchquerten den Naturpark auf dem Weg, dann ging es einige Serpentinen hinauf in das imposant am Hügel gelegene Castiglione (di Sicilia, den Namen gibt es ja wie Sand am Meer in Italien). Die alte Bahntrasse verläuft hier links.




Training unter den Hängen des Ätna.




Auch die Jugend kommt im autoverliebten Sizilien nicht ohne Karre aus - immer wieder musste für unser "öffentliches" Verkehrsmittel der Weg freigemacht werden. Am heftigsten war es in Randazzo, als ein paar Kanalarbeiter genau auf unserer Route tätig waren. Es ging leider nicht anders, als dass sie dutzende Meter Kabel aufrollen mussten, den Menschen herausholen und den Kanaldeckel draufheben, erst dann kam der Bus vorbei...




Blick auf das Bergstädtchen Castiglione.









Wir fuhren noch ein paar Serpentinen hinauf, über den Pass und dann gerade auf den Ätna, die Hauptstraße und die "aktive" Strecke der FCE zu.




Zur Circumetnea:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ferrovia_Circumetnea

Offizielle Seite mit Fahrplan:
http://www.circumetnea.it


Schwellenstapel in der Station Passopisciaro-Moio, wo ich eigentlich geplant hatte einmal zu fotografieren, da sie einen wunderbaren Blick in die weite Hügellandschaft bietet - naja...









Tolle Stellen findet man hier an jeder Ecke, wenn nur der Zugverkehr entsprechend dicht wäre. Vom roten Ätna-Wein haben wir uns jedenfalls etwas nach Hause mitgenommen.









Artischocken-Lawine in Randazzo.




Man muss sich auch einmal eine Apfelscheibe gönnen.




Die anderen stiegen in Randazzo aus, denn es ist eine historische Altstadt mit genügend Besichtigungsmöglichkeiten - zudem gab es herrliches Backwerk aus Mandeln und Pistazien, deren Heimat es hier ist. Wir würden uns bald darauf wieder im Zug nach Catania zur Rundfahrt treffen und die Nachspeise genießen.

Also fuhr ich alleine im Bus bis Maletto. Es ging am Lago Gurrida vorbei, wo man unter anderem geflutete Weingärten sehen kann, außerdem eine Station für viele verschiedene Zugvögel. Die Bahnstrecke führt unten am Fuß des Berges entlang.









Bald darauf setzte mich der Busfahrer nach zwei Stunden Fahrt im Städtchen Maletto ab und fuhr alleine seines Weges.
Ich hatte eine Stelle auf Google Street View entdeckt und musste nur kurz gehen, danach hieß es im kalten Wind warten. Voilà, endlich aktive Circumetnea: Treno 28 Randazzo - Catania Borgo kam pünktlich um 13:43 vor der Kulisse von Maletto vorbei. Der Triebwagen ADe 14, gebaut 1980 von der Officina Meccanica della Stanga, röhrte die Steigung hinauf (siehe Video Minute 6:40).
https://it.wikipedia.org/wiki/Automotrice_FCE_ADe_11-20




Die sehr dekorative Beton-Führung der Via Salvatore Quasimodo konnte ich in das iPhone-Panorama einbauen, dazu einen feurig bemalten Lastwagen zum Transport von "Ätna-Paletten". Die Spitze des echten Ätna würde in dem Panorama rechts des Bildes leicht hervorlugen.




Maletto wählte ich auch, weil man hier einen tollen Blick in die offenen, grasigen "Highlands" des Zentrums von Sizilien hat - wieder eine totale Abwechslung der Landschaft. Leider blieb auf dieser Reise kein Tag, um diese zu erkunden.
Zug 23 Catania - Randazzo in Form von FCE RALn 64.02 rollte ebenfalls auf die Sekunde pünktlich um 14:09 an mir vorbei. Die Baureihe entstand 1981-84 aus dem Umbau ehemaliger FS-Triebwagen der Reihe RALn 60 (Baujahr 1949).
https://it.wikipedia.org/wiki/Automotrice_FCE_RALn_64









Danach ging ich durch den Ort zurück - es kam die Sonne heraus.




Ich hatte Glück, ein Bauzug stand im Bahnhof, allerdings wieder einmal keine Menschenseele in der Nähe.




Bespannt war er mit der Diesellok T 05 der Baufirma Francesco Ventura - die eine ganz interessante Geschichte hinter sich hat. Tatsächlich soll es eine umgebaute in Rumänien produzierte FAUR L45H sein, die einst mit Nummer 571 (noch immer auf beiden Seiten des Rahmens sichtbar) in Tunesien Dienst versah.




Formsignale standen noch ein paar an der FCE, allerdings heutzutage alle außer Funktion - obwohl die moderneren Lichtsignale teils auch nicht in Verwendung schienen.




"Auge um Auge - und die Welt wird blind sein", ein Gandhi-Zitat (wobei ein "i" bei "cieco" fehlt, "ceco" wäre "tschechisch") - die meisten sizilianischen Graffiti waren nicht politisch, sondern es ging stets um Liebeserklärungen.
Mittlerweile hatten sich schon einige meist jugendliche Passagiere an der Station versammelt. Im Prinzip waren alle Züge gut genutzt, im Bereich Catania wurde der Platz in 1-2 Wagen oft ziemlich knapp.




Um 14:55 wurde ich pünktlich von Zug 32 Randazzo - Catania im besten Spotlight abgeholt.




Im nächsten Teil gibt es dann endlich Zug mit Vulkan und die Fahrten inklusive der U-Bahn von Catania.
« Letzte Änderung: 26. April 2016, 12:14:58 von Roni »