Autor Thema: Rallye durch den Osten '16 - 11: Ich liebe Chust! (50 B.)  (Gelesen 5291 mal)

Roni

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Rallye durch den Osten '16 - 11: Ich liebe Chust! (50 B.)
« am: 04. September 2016, 21:48:49 »
Hallo!



Zum vorherigen Teil der Serie:
Markttag im Osten '16 - 10: Irschawa - Wynohradiw (50 B.)
http://www.mstsforum.info/index.php?topic=3795.0



Das Video zu dem Teil (bitte auf 1080p Qualität / Vollbild stellen):
https://youtu.be/WmYCDzD87uc


Überblick über das Schmalspurnetz:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schmalspurnetz_Berehowe




30. 7. 2016

Wir verließen Wynohradiw am Samstag um halb vier und stoppten beim Schmalspurbahn-plus-Plattenbau-Motiv.




Ohne die Mitreisenden, die nur das gesamte Netz abfahren wollten, ging es nun direkt zurück nach Chmilnyk, wo gleich umgesetzt wurde. Die Fahrdienstleiterin trug nun schon ihre Freizeitkleidung.








Spiegelung in der "harten" Klasse der Pafawag-Waggons.
Im Hintergrund kann man einen gelben Schneepflug entdecken, wohl das schnittigste Schmalspurvehikel der Ukraine. Ein Bild davon: http://raildata.info/ost16/schneepflug.jpg




Die Aussagen des ukrainischen Veranstalters wurden immer widersprüchlicher - plötzlich mussten wir statt wie ausgemacht um 20 Uhr, bereits um 18:30 zurück sein. Daher ging es ohne Stopp nach Berehowe. Nur einmal bremsten wir scharf und überfuhren beinahe ein an den Gleisen angebundenes Tier - auf wundersame Weise blieb es jedoch unbeschadet.




Das erschütternde Ghetto der örtlichen Roma passiert man an der Einfahrt von Berehowe.




Trotz der Lebenslage sieht man freundliche Gesichter.




Nach der Ankunft um 18:30 bei bestem Fotolicht kam es zum Konflikt mit dem ukrainischen Veranstalter, letztendlich konnte alles halbwegs friedlich geregelt werden.




Feierabend für die Zugmannschaft, schon früh muss der Zug für den Einsatz am nächsten Morgen wieder retour nach Chmilnyk.




Der Star der Fahrt, Hoppi *

* für Modelanfragen siehe: http://www.jw-pictures.de




TU7A waren 1988 beschafft worden, erwiesen sich jedoch als unzuverlässig. Die Baureihe in ihrer Exportversion - sogar noch im Verschubdienst - kennen wir schon aus meinem Bericht von der bulgarischen Rhodopenbahn.
Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/S%C5%BDD-Baureihe_%D0%A2%D0%A37




Nach einer kurzen Dusche trafen wir uns wieder im Zentrum. Einige fuhren nun am Abend schon mit der Bahn zurück nach Tschop, ich besuchte mit dem Rest der Gruppe diesmal die Pizzeria Millenium auf der anderen Seite des Hauptplatzes. Im Gastgarten konnte man die gebotenen Pizzen schon genießen, wir kamen allerdings erst später drauf, dass man die Soßen für die Pizza offensichtlich separat bestellen musste. Und eine Mahlzeit wurde natürlich wieder Stunden nach den anderen serviert...





31. 7. 2016

Sonntagfrüh waren Anne und Thomas (und natürlich Hoppi) so freundlich, mich mit dem Auto von Berehowe nach Rachiw mitzunehmen. Bis Solotwyno würde man heutzutage ja noch kommen, aber durchgehende Bahnverbindung existiert nicht mehr (die ehemalige Strecke führte ab Tereswa über Campulung la Tisa und Sighetu Marmatiei in Rumänien wieder zurück in die heutige Ukraine).
Um 6:30 wurde ich von meinem Lambert Guest House abgeholt - in einem Dacia Sandero! Wer sich erinnert, hatten wir vor 1 1/2 Jahren im Wassertal und Moldovita die "Top-Gear-Wette" laufen, wer früher einen Sandero sichtete (und es kam keiner) - nun fuhr ich sogar ein Stück in einem mit, also definitiv gewonnen. ;-)

Traumhafte Morgennebelstimmung an der Hauptstraße Richtung Wynohradiw.




Egal wie in der Ukraine eine Straße auf der Karte eingezeichnet ist, rechne immer mit Überraschungen - in Pidwynohradiw bogen wir Richtung Oleschnyk ein... und trafen nach ein paar Metern darauf:




Zehn Minuten vor der Ankunft des Schmalspur-Frühzuges hatten wir die Herde hinter uns gelassen. Der Rest der Verbindungsstraße erwies sich als relativ gut.




6603 Chmilnyk - Wynohradiw näherte sich bereits langsam in der Ferne.









Schon war alles bis auf die zwei Fahrräder eingeladen, dann düsten wir zeitgleich auf unterschiedlichen Wegen Richtung Markt.




Wir kamen mit mehr als genug Zeitpolster an und parkten in einer Nebengasse. Eine Marktaufseherin störte sich am Fotografieren, die meisten anderen schenkten uns keinerlei Aufmerksamkeit. Für die Bahnfotos ging ich daher aus ihrer Sichtweite etwas weiter nach hinten.




Gut gebremst - natürlich rollte die Garnitur die letzten Meter nur noch im Schneckentempo.




Drum herum ging jeder unbehelligt seinen Geschäften nach.














DA-S PO-NY!














Ein Mysterium bereitete uns Kopfzerbrechen: das Rätsel der halben Schaufensterpuppen. Überall am Markt fand man Torsos und Beinsektionen verstreut.




Hmmmmm... letztendlich wurde der Fall gelöst: ein offener Lieferwagen voll gestapelter halber Figuren bot Einblick in die Welt des Puppenverleihs.




Die Vögel lauerten schon auf dieser grafisch tollen Brücke.




Um Acht verließen wir den Markt.




Vor der Rückfahrt des Schmalspurzuges fand Alternativprogramm an der Hauptstrecke statt. Zug 6576 Batjowo (7:00) - Korolewo (9:09) stand an - doch offensichtlich mit etwas Verspätung, und nicht um 8:29 wie im Fahrplan angezeigt. Dennoch trudelten die Einwohner von Fantschykowo auf dem Weg zum Markt erst mit Seelenruhe ein.




Um 8:39 zeigte sich der schon wohlbekannte D1-769 an der langen Geraden.




Um 8:41 war das freigeschnittene Stück des Vierschienengleises am Bahnschranken erreicht.




Auch in dieser kleinen Ortschaft fanden sich genug Passagiere.




Der freundliche Schrankenwärter bei der Ausfahrt des Triebwagens.




Danach ging die Rallye-Fahrt richtig los, unser Ziel war die Schmalspurstation Schalanky. Bei Nowe Selo bogen wir von der Hauptstraße ab, hinter Karatschyn hatte sich die Straße von einer Schlaglochpiste zu einem Feldweg voller tiefer Lacken entwickelt. Die Gischt spritzte links und rechts an der Motorhaube des Sandero vorbei, einmal musste man die Tiefe des vor uns liegenden Sees manuell überprüfen. Vor Puschkino erreichten wir wieder eine bessere Straße und kamen letztendlich mit einer Viertelstunde Vorsprung an der lieblichen Ortsdurchfahrt Schalanky an.
Besonders nett sind die individuellen Brücken, die von jedem Hauseingang über den Graben zur Bahn führen.




Man möchte es angesichts der Bilder davor nicht glauben, aber Zug 6604 aus Wynohradiw hatte im Markt planmäßig umsetzen können und schaffte es nur fünf Minuten nach der Planzeit um 9:30 nach Schalanky.




Draisine, Zisterne, Brücklein, Haltestelle - eine würdige Abschiedsszene für die Reise von dieser tollen Schmalspurbahn.




Weiter ging es besser nach Nordosten durch interessantere Hügellandschaft auf die nahe N09. Während einer kurzen Pause davor entdeckten wir, dass offensichtlich jemand vergeblich versucht hatte auf sehr primitive Weise die Schlösser am Wagen zu knacken. An Fotos konnte man nachvollziehen, dass dies schon einige Tage her war.

Frisch - Frischer - Lada.




In der 28000-Einwohner-Stadt Chust hielten wir und machten einen Erkundungs-Spaziergang.




"Ich liebe Chust!" - Nur wo sind die Leute? So lässt sich wohl kaum das Verkaufspensum an Gefrorenem erreichen.




Ah, die Sonntagsmesse ist gerade erst aus - hier vor der barocken katholischen Kirche aus dem 18. Jahrhundert.




Der Ort war einst Teil Siebenbürgens - hätte ich euch angesichts der im 13. Jhdt. begonnenen und später befestigten evangelischen Elisabethkirche wohl nicht erzählen müssen... :0)
Die Gläubigen saßen hier noch tüchtig in der Messe.




Wir düsten wieder zielstrebig ostwärts, auch wenn gelegentlich schmachvoll von Ladas überholt. Zwischen Tjatschiw und Tereswa hielten wir kurz, denn Zug 6585 Solotwyno-1 (10:50) - Batjowo (15:55) kam pünktlich vorbei. Im Hintergrund ein Kloster bei Hlynjanyi.




Rallye-Sport vor dem glockenläutenden Priester in Tereswa - für unerwünschte Nebenwirkungen befragen Sie ihren lokalen Bahnübergang.





Wer Unglaubliches sehen möchte, verfolge hier http://goo.gl/WkiwMk auf Google Street View die Straße - und zwar 12 Kilometer, durch Solotwyno, bis hinter Bila Tserkwa die Theiß erreicht wird (nicht zu früh aufgeben, es geht immer weiter)... Es wurde eine Palast-ähnliche Villa hinter der anderen gebaut, viele schlossartig mit Türmchen, ein paar gewagt skurril - manche halb fertig, andere bewohnt - aber auf jeden Fall jedes Haus massiv!

Wieder in eine komplett andere Welt taucht man, wenn man in Solotwyno in die Seitenstraße Richtung Badeseen einbiegt - ab hier kämpften wir uns auf einem unbefestigten Weg durch einen Basar-ähnlichen Rummel. Nur Wenige schwammen in den Seen, währenddessen quollen kleinere Swimmingpools privater Hotels und Bäder am Straßenrand über vor Leuten. Ein Beispielbild von Google Earth: http://goo.gl/Smn04w

Im Stadtzentrum - nahe des Grenzübergangs in die rumänische Stadt Sighetu Marmatiei gleich über dem Fluss - hatten wir es durch den Wahnsinn geschafft und passierten den Kopfbahnhof Solotwyno-1. Die Bahn vollführt eine 180-Grad-Kurve in die Station - daher war die Annahme naheliegend, dass der Nachtzug aus Lwiw nach dem Umsetzen nun zur Mittagszeit schön im Licht dastehen würde - und so war es auch.




Das Schmuckstück M62-1103 mit passenden Rollos und der Garnitur des Schnellzugs 601 Lwiw (20:40) - (9:00) Solotwyno (17:25) - Lwiw (5:55).




Die Maschine wurde gelüftet, die Mannschaft ruhte sich unter Tags im Zug aus.




Hinter Solotwyno verengt sich das Tal der Theiß, auf der rumänischen Seite könnte man Züge auf der noch (spärlich) planmäßig befahrenen Strecke Sighetu Marmatiei - Valea Viseului von der ukrainischen Flussseite aus fotografieren. In Valea Viseului wird die ehemalige Verbindung Richtung Rachiw erreicht, die rumänische Grenze verlässt den Fluss und wir folgen der Theiß in die Karpaten. Richtung Süden befinden sich Viseu de Sus und die Wassertalbahn nur etwa 30 Kilometer entfernt.
Wir sind nicht die einzigen Urlauber, besonders hier beobachten wir viele tschechische Autos. Bei Berlebasch nahe Rachiw überquert die - heutzutage definitiv nicht befahrbare, dicht zugewachsene - Strecke Valea Viseului - Rachiw zum zweiten Mal die Theiß.





Wir erreichten Rachiw, Anne und Thomas waren so nett am Bahnhof zu warten, bis ich mein Ticket um 18 Hrywnja für die 76 Bahnkilometer nach Jaremtsche erstehen konnte. Danach verabschiedeten wir uns, mit der Aussicht auf ein mögliches Wiedersehen zwei Tage später in Czernowitz.

Ich wartete draußen unter dem Bahnsteigsdach auf meinen Regionalzug Richtung Iwano-Frankiwsk. Zwei Garnituren standen zur Auswahl: Triebwagen D1-801 oder M62-1410 mit zwei Platzkartny-Waggons. Doch welcher Zug würde mich über die Karpaten bringen?










Die Antwort wurde rauchend erteilt. Getreu der heutigen Reportage: *Chust*!
« Letzte Änderung: 12. September 2016, 00:23:15 von Roni »