Autor Thema: US Roadtrip 2017 - 2: In den Wilden Westen (50 B.)  (Gelesen 5598 mal)

Roni

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US Roadtrip 2017 - 2: In den Wilden Westen (50 B.)
« am: 14. März 2017, 10:42:31 »
Hallo!


Zum vorherigen Teil der Serie:
US Roadtrip 2017 - 1: Salzige Strassenbahn (50 B.)
http://www.mstsforum.info/index.php?topic=3823.0


Das Video zur Serie (bitte auf 1080p Qualität / Vollbild stellen):
https://youtu.be/W5HFQsdVA0o




15. 2. 2017


Wir befinden uns auf dem I-80 (Lincoln Highway) Richtung Westen, unterwegs durch die Große Salzwüste westlich von Salt Lake City. Die Bilder aus dem Auto sind wie zuvor vom "dritten Händchen" mit einer Canon EOS 450D angefertigt, in diesem reinen Transferteil wird es wohl die meisten davon geben.
Ich hatte mehrere Punkte im Vorhinein ausgemacht, doch war ziemlich müde und verkühlt. Die Züge stapelten sich in die andere Richtung, daher war es eher unwahrscheinlich, dass momentan etwas kam. Also ließen wir den Blick beim Lake Point an der Strecke nach Süden aus.
An der Ausfahrt 88 nach Grantsville sichtete ich im Gleisdreieck ein paar Waggons, wir fuhren ab.




Auch ein SD40-2 Doppel stand dort. Auf der ehemaligen Western Pacific Strecke herrscht an sich wenig Verkehr, ein lokales Güterzugpaar gibt es an einem Tag von Salt Lake City nach Wendover, am nächsten Tag zurück, nur gelegentlich transkontinentale Züge. Doch momentan war aufgrund der Streckensperre im Norden alles anders.




Unten sieht man den nächsten Punkt, den ich entdeckt hatte. Ein Bahnübergang bei der Interstate-Ausfahrt 84 an der Stansbury Island Road. Doch da die Loks schon dahinter standen, ließen wir ihn ebenfalls aus.




Rote Trucks waren unsere Lieblinge. Leitschienen sind hier unnötig, man separiert die Fahrbahnen einfach in der unendlichen Weite.




So hätte der Blick vom Bahnübergang ausgesehen: alte Telegrafenmasten und ein Bahndamm über das geflutete Salz.




Die Brummis waren unser konstanter Begleiter. Die Geschwindigkeitsbeschränkung betrug auf dem Interstate 80 mph (128,7 km/h), und anders als in Europa fahren Lastwagen hier oft auch nahe der Höchstgeschwindigkeit. Diese Fed-Ex-Trucks sind in jeder Ecke des Landes allgegenwärtig.




Darum geht es hier: riesige geförderte Salzberge entlang der Strecke.




Noch muss man vor erreichen der Bonneville Salt Flats einen Bergzug passieren.




Wir bogen an der Grassy Hills Rest Area ein - um kleine Tierchen musste man sich bei den Temperaturen keine Sorgen machen.




Der Teleblick zeigte die Dimensionen der Landschaft - die Salztonebene beginnt erst nach der nächsten Kurve rechts.









Wieder unterwegs, flimmerte ein Güterzug an uns vorbei!









Die extreme Gerade über die Salt Flats ist erreicht. Dieser Abschnitt zwischen Knolls und Wendover stellt die längste Interstate-Strecke ohne Ausfahrt dar, 60 km. Als Kunstwerk befindet sich mitten im Abschnitt "Metaphor: The Tree of Utah" des schwedischen Künstlers Karl Momen. Gleich daneben sah man Schilder "emergency stopping only".




Und der nächste Güterzug flimmerte vorbei - man muss glaube ich nicht erwähnen, wie selten es ist, hier zufällig etwas zu begegnen...









Man sichtete immer wieder abzweigende Spuren auf das Salz - doch im Winter ist es geflutet, nach den starken Niederschlägen heuer besonders.




Wir erreichten Wendover ...




... und bogen Richtung Speedway ab.




Eine kleine Straße führt wieder 4 Meilen hinaus in die Salt Flats - irgendwo am anderen Ende kam uns jemand entgegen.




Unser Vehikel am Wendeplatz mitten im Salzsee - durch die Schiträger war es zumindest auf Parkplätzen leicht zu finden.




Tafel zum Speedway, mit Kreuz gleich dazu. Die letzten Jahre war jedoch die Salzkruste aufgrund starker Regenfälle zu labil für eine lange Speed-Strecke.









An der Überführung über den Interstate sahen wir noch ein Lok-Pärchen im Bahnhof von Wendover, jedoch hinter allerlei Zeug versteckt.




Wir hatten das Best Western gebucht, dieses war bald nach der Einfahrt in den Ort erreicht. Mit Zimmer und Ausstattung waren wir zufrieden. Nach etwas Ruhe spazierten wir durch Wendover, ein seltsam geteiltes Städtchen. Wendover liegt in Utah, doch geht mitten im Stadtgebiet auf West Wendover in Nevada über. Und millimetergenau an der Grenze vom prüden Utah zu Nevada beginnen die Kasinos. Zudem verläuft hier die Linie zwischen der Mountain- und der Pazifik-Standard-Zeit. Mein linkes Bein befand sich bei diesem iPhone-Panorama eine Stunde hinter dem rechten. ;-)









Ich liebe diese Schilder abgewrackter Motels, die nun durch die großen Ketten abgelöst wurden. Ebenso interessant: Mitteilungen werden an Schulen öffentlich ausgeschrieben. Am folgenden Montag, 20. 2. , sollte President's Day sein (Washington's Geburtstag war am 22. Februar 1732) - der erste unter einem gewissen orangen Herren.
Wir deckten uns an einem Supermarkt für den Abend ein.






16. 2. 2017


Ich schlief ein bisschen, aber nicht viel länger. Alle paar Stunden war das Pfeifen eines Zuges zu vernehmen. Der AMTRAK California Zephyr passiert den Ort in beiden Richtungen bei Dunkelheit, doch wir würden ihn später noch bei Tag fotografieren.
Im Preis des Zimmers inkludiert war wie nun in Amerika öfter ein gutes Frühstücksbuffet, früher war Frühstück im Hotel hier eher unüblich. Einzig Brot vermissten wir als Europäer, es gibt nur Toast. Das bedeutet nicht, dass man es nicht bekommen kann - in Supermärkten und Bäckereien fanden wird durchaus gutes, frischgebackenes Brot.
Bald nach 8 standen wir mit Gepäck bereit und machten uns auf den Weg. Am Parkplatz hörte ich einen Zug am nicht allzu fernen Bahnübergang - das bedeutete wohl, dass wir vermutlich nichts erwischen würden. Wir nahmen dennoch den Umweg über den Bahnübergang am Flugplatz vorbei. Diese schönen Strukturen wurden gerade von der Sonne angeschienen.




Dann blickte ich genauer in die Landschaft - und tatsächlich: der vorhin vernommene Güterzug wand sich gerade langsam die Kurve bergauf. Oben befinden sich die zwei Zugloks, unten die Schublok.




Nun hatten wir also doch noch einen Zug am Morgen erwischt, also war es Zeit die Etappe abseits der Bahn, aber durch herrliche Landschaft zu starten. Wir fuhren auf der U.S. Route 93 Alternate (kurz: "US 93 Alt." oder "Alt 93") - von West Wendover bis Ely ist dies Teil des Lincoln Highway, der Straße, die Anfang des 20. Jahrhunderts zum ersten Mal die gesamte USA durchquerte.




Hier konnte man während der Fahrt durch die leere Weite pausenlos fotografieren.














Etwas kurviger wurde es den White Horse Pass (6031 feet / 1838 m Seehöhe) hinauf, Wendover liegt auf 1360 m, Salt Lake City auf 1288 m, Ely sogar auf 6437 ft (1962 m) - es befindet sich hier also alles wesentlich höher als in Europa gewohnt. Die gesamte abflusslose Gegend ist übrigens Teil des Großen Beckens (Great Basin) zwischen Wasatchkette bei Salt Lake City im Osten, sowie der Sierra Nevada im Westen.









Über hundert Meilen liegen zwischen Wendover und McGill, kurz danach Ely - dazwischen: nichts! Auch für U.S.-Verhältnisse ist die Gegend einsam - die am dünnsten besiedelte der USA südlich Alaskas. In White Pine County leben beispielsweise 10000 Menschen, davon 4000 im Hauptort Ely (sprich: "Ilie"), auf 23000 Quadratkilometern - macht 0,4 Personen pro Quadratkilometer. Die Ureinwohner in diesem Gebiet gehören übrigens zum Stamm der Schoschonen.














Wir blieben kurz stehen, um die Landschaft zu genießen, doch auf der Höhe herrschte schon eine frische Brise.




Endlich - die einzige Kreuzung unterwegs, hier trifft der Haupt-U.S. Highway 93 auf unsere alternative Route.




Es herrschte etwas mehr Verkehr - wie ungewohnt!




Rinder und andere Tiere findet man oft weitab jeglicher Orte, sie dürften hier einfach auch im Winter im Freien bleiben.




Die echte Wild-West-Stadt McGill ist erreicht.




In Ely angekommen tankten wir nach und kauften einen Getränkevorrat am Supermarkt.




Da es noch Vormittag war, fuhren wir auf Erkundungsrunde durch den Ort. Überall trifft man Spuren aus der alten Heimat...




Das Zentrum von Ely ist ganz nett, auch ein Brunnen mit Entlein findet sich.




Wir blieben nicht im "Hotel Nevada" ...




... und auch nicht im "White Pine Motel" ...




... sondern natürlich hier, im "All Aboard Café & Inn" - gleich am Ende der Straße hinten befand sich der Bahnhof! Es ließ sich alles zu Fuß erreichen, selbst der Supermarkt lag einfach in die andere Richtung an der Straßenecke zur Hauptstraße, gleich gegenüber davon ein Café mit echtem Cappuccino im Angebot. Wir aßen zunächst Mittagessen im Haus, zusammen mit einigen Einheimischen, dann bekamen wir unser Zimmer zugewiesen: das linke oben, mit Balkon Richtung Bahn. Natürlich waren Zimmer und Bett kleiner als in anderen Hotels, aber das wurde wettgemacht durch Flair. Das Haus hieß Anfang des 20. Jhdts. ursprünglich "Steptoe Valley Inn" (das lange Tal, durch das wir zuletzt fuhren), 1987 wurde es originalgetreu nachgebaut.




Jetzt muss nur noch der Zug kommen...
« Letzte Änderung: 19. März 2017, 18:41:21 von Roni »