Autor Thema: Eritrea 2018 - 6: Streckenende (50 B.)  (Gelesen 4531 mal)

Roni

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Eritrea 2018 - 6: Streckenende (50 B.)
« am: 27. November 2018, 11:52:29 »
Hallo!



Zum vorherigen Teil der Serie:
Eritrea 2018 - 5: Hinab nach Nefasit (50 B.)
http://www.mstsforum.info/index.php?topic=3931.0


Das Video zur Serie:
https://youtu.be/vBqI3qUHE2g




23. 10. 2018

Wir sind am Bahnhof Nefasit und führen die erste Scheinanfahrt in dem auf 1700 Höhenmetern schon klimatisch wärmeren Ort durch. An der Bergkette im Osten des Tales sammelten sich Wolken, sonst war es sonnig.














Die eritreische Bahn ist nicht nur aufgrund der spektakulären Bergstrecke attraktiv, sondern man findet auf engem Raum - hier nur 24 Schienenkilometer von Asmara - auch einen Mikrokosmos diverser Landschaften und Kulturen vor. Nefasit erinnerte teilweise eher an den Sudan. Wieder einmal erkennt man die kreative Zweitnutzung abgeschnittener gelber Kanister.














Hinter dem Esel war noch immer der Open-Air-Friseur tüchtig bei der Arbeit.



















Voilà: das kitschige Moschee-Motiv in voller Pracht. Erfahrene Eritrea-Reisende meinten, das Land noch nie in derartiger Blüte (nicht metaphorisch) erlebt zu haben. Die Blumenfülle war den kürzlichen Regengüssen zu verdanken.




Anschließend hieß es: alle an Bord! Wir rollten hinunter Richtung Embatkalla, Ghinda und Massaua - keines davon war jedoch zu erreichen.
Ein Kameltreffen bei der nördlichen Ausfahrt des Bahnhofs Nefasit (keine Angst, Kamel und Zug kommt noch im nächsten Teil!).









Die Kleinen in grellgrüner Schuluniform begrüßten uns freudig, nur einer wollte wieder einmal Stifte.




Blick ins Tal mit etwas mehr Vegetation. Ganz hinten am Sattel kreuzen sich Strecke und Hauptstraße Massaua - Asmara per Bahnübergang. Dahinter lag der Tunnel 9, der laut Streckenarbeitern geflutet war und kein Weiterkommen ermöglichte.
Vorne wieder einmal gelbe Kanister im Einsatz, an den fast bei jedem Schuppen angebrachten Satellitenschüsseln.




Ich genoss die Fahrt auf der hinteren Plattform.




Die Landschaft hier gefiel mir ausgezeichnet (keine Angst, kommt noch mehr im nächsten Teil!).




Der Zug passierte eine Gruppe Streckenarbeiterinnen (keine Angst, kommt noch mehr im nächsten Teil!).




Tunnel 10 konnte man problemlos durchfahren, später passierten wir neue und alte Hauptstraße, dann stoppten wir vor Tunnel 9. Eine Gruppe machte sich auf, die Gleise zu Fuß zu erkunden. Es war offensichtlich, dass hier noch kleine Steine und Sand von den Unwettern an der Strecke lagen - doch nichts, was den Zug aufhalten könnte. Wir kickten auf die Seite, was wir sahen. Tunnel 9 barg kein Hindernis, anschließend gelangten wir zu Tunnel 8. Und siehe da, dieser war offensichtlich geflutet worden - doch der Schlamm hielt sich nur auf einem kurzen Stück, das wäre mit ein bisschen Schaufeln weg zu bekommen. Thomas und der Zugchef wanderten weiter Richtung Embatkalla, um sich nach potentiellen weiteren Streckenschäden umzuschauen.




Wir ließen den Zug bis kurz vor Tunnel 8 mit der temporär unpassierbaren Stelle zurückrollen und unternahmen dann alleine mit der Zugmannschaft ein paar Scheinanfahrten. Der Losfahrbefehl lautet übrigens "Andiamo!".









Die zweite Stelle - über Tunnel 9 stehend - lud zu einem tele-komprimierten Sandwich ein.




Nach der Vorbeifahrt kehrte Thomas recht schnell von seiner Exkursion zurück und zeigte uns am Handy Fotos der Stelle, wo es tatsächlich nicht mehr weiter ging: Das Gleis war komplett unterspült und hing fast in der Luft. Die von den Streckenarbeitern überlieferte Position hatte also nicht ganz gestimmt, die Tatsache, dass die Strecke unterbrochen war, erwies sich jedoch als korrekt.




Als nächstes dampften wir durch Tunnel 9.




Jawohl! Es ist ein Fotozug in Afrika!




Danach hatte der Zug ziemliche Probleme in Gang zu kommen. Die Maschine schleuderte oft, wir rollten mehrmals zurück.




Wir schafften es zur Hauptstraße, dann war vorerst Schluss. Die Vegetation ist schon deutlich dichter, manche Sträucher besaßen Stachel wie Zahnstocher. Ein Fiat 180 LKW mit Containerbeladung kam Richtung Massaua des Weges.




Die Lok musste allein nach Nefasit zum Wassernehmen dampfen. Das Foto ist ebenfalls ein Sinnbild des Güterverkehrs: Der Container auf der Straße, für den Transport wäre die Bahn eigentlich prädestiniert. Einmal hatte man ja schon Maersk-Container mit Hilfsgütern auf der Schiene transportiert.




442.54 dampfte einsam in die Berglandschaft.




Uns blieb nichts über, als ebenfalls in die selbe zu starren - nicht, dass es keine erhebende Szenerie gewesen wäre.




Wir bekamen die Nachricht, dass man neben dem Wassernehmen das Feuer in der Maschine neu aufbauen musste. Da wäre die Sonne im Tal bestimmt schon weg - also bestiegen wir die inzwischen eingetroffenen Busse. Die Straße windet sich oberhalb Nefasits einige Serpentinen hinauf, hier ein Blick aus dem Bus zum Bahnhof mit stehender Lok.




Die Straße wechselt an die Westseite des Bergkammes, welche die Bahn erst in Arbaroba erreicht.




Das Bergland Eritreas ist einfach atemberaubend schön.







24. 10. 2018

Am nächsten Morgen kurvten wir vor 7:30 hinab nach Nefasit.




Da der Ort noch im Schatten lag, fertigten wir zunächst ein Gruppenfoto vor der Lokomotive an. Dann folgte ein Marsch zur ersten Fotostelle, an einigen Schulkindern vorbei.




Der Erzengel Michael bewacht die eritreisch-orthodoxe Kirche Nefasits.




Noch während der Zug vorbeifuhr, kroch die Sonne immer weiter ins Tal. Vorne musste ich das Fahrwerk etwas elektronisch freischaufeln.




Panorama von Kirche über Moschee.




In manchen Bildern machte ich mir die Mühe, die Satellitenschüsseln zu entfernen - hier waren es wohl dutzende.









Beim Zurückrollen mit einem verzierten Haus.




Biblische Szenen an der Kirche.









Als nächstes fotografierten wir die Ausfahrt aus dem Bahnhof vom gegenüberliegenden Berghang. Man beachte die roten, den Nationalsport betreibenden Punkterln (keine Angst, kommt noch mehr im nächsten Teil!).




Vor dem Zug hingegen machte sich ein Esel den Sport das ganze Stück auf den Gleisen voran zu laufen (keine Angst, kommt noch mehr im nächsten Teil!).









Panorama inklusive Sportplatz und Kirche ganz rechts.




Natürlich - gelbe Kanister dienen auch als Blumentöpfe!




"Abu Salama - Menschliches Leben steht über allem" ist Arabisch auf dem berühmten Delfin-Motiv zu sehen, dahinter noch eine rein tigrinische Info-Tafel des Gesundheitsministeriums und ein Straßenbautrupp.
"Abusalama" bedeutet "Delfin" und ist der nationale Kondom-Markenname. Das Bild dient der AIDS-Aufklärung.

Hintergrundinformationen zum Namen und zur Verbindung dieser Gegend mit frühen Muslimen und der Auswanderung nach Abessinien - damals das Aksumitische Reich, dessen Teil das heutige Eritrea war - findet sich hier (teils auf Englisch):
https://en.wikipedia.org/wiki/Migration_to_Abyssinia
https://de.wikipedia.org/wiki/Aksumitisches_Reich
https://en.wikipedia.org/wiki/Abu_Salama_Abd_Allah_ibn_Abd_al-Asad_al-Makhzumi
https://de.wikipedia.org/wiki/Umm_Salama





Anschließend positionierten wir uns auf der Straßenbrücke (keine Angst, kommt noch mehr im nächsten Teil! ;0)).
« Letzte Änderung: 27. November 2018, 20:46:55 von Roni »