Autor Thema: Orient-Express 13: Volldampf nach Hause (50 B.)  (Gelesen 7479 mal)

Roni

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Orient-Express 13: Volldampf nach Hause (50 B.)
« am: 19. Januar 2014, 19:44:49 »
Hallo!


Zum vorherigen Teil der Serie:
Orient-Express 12: Afyonkarahisar (50 B.)
http://www.mstsforum.info/index.php?topic=3540.0


Zum Video der Reise:
http://www.youtube.com/watch?v=xFRjlmE2N64&hd=1


Detaillierte Karte des TCDD-Bahnnetzes (Achtung - 12,9 MB):
http://www.tcdd.gov.tr/upload/Files/ContentFiles/2010/harita/TR-M-S-001.jpg


28. 9. 2013

Wir kehren zurück an die morgendliche Ausfahrt am Hauptbahnhof von Afyon:




Man vergleiche die Bilder mit Karabüks Beitrag hier: http://www.drehscheibe-foren.de/foren/read.php?17,3572091 , dessen Fotos ziemlich genau 31 Jahre früher entstanden waren. Die führende Dampflok ist exakt die selbe, und auch sonst hat sich erstaunlich wenig geändert an der ganzen Szenerie, gerade einmal DE24127 stand statt DE18109 dort und hatte eine Klimaanlage verpasst bekommen!




Um 7:45 ging es in herrlichem Morgenlicht los, wir umrundeten auf der Strecke Richtung Sandikli und Dinar, welche hier noch parallel mit jener nach Usak und Izmir geführt wurde, die Felshügel von Afyon. Mehr über unsere Strecke an diesem Tag erfährt man hier (auf Englisch): http://www.trainsofturkey.com/w/pmwiki.php/Network/DinarAfyon , es handelt sich um eine jener TCDD-Strecken aus den 1930er Jahren, die damals bitter nötig waren, um das unvollständige Bahnnetz aus der Zeit der Privatgesellschaften zu ergänzen.
Am Kanal daneben war eine neue orientalisierende Brücke über einen Kanal gebaut worden, ich sah das Ensemble später von der anderen Seite - es wurde durch Springbrunnen mitten im Kanal ergänzt. Insgesamt wirkte es wie direkt von einer Konzeptzeichnung übernommen, als wolle es Erdogans neues Kalifat feiern...




Wir hatten die Ebene, wo wir am Abend zuvor die Sonnenuntergangsstimmung fotografiert hatten, durchquert, und bogen nun südlich der Strecke Richtung Usak in die Hügel ab. An jenem kühlen Morgen gab es herrlich Dampf und teilweise leichte Herbstfarben.









Am nächsten Punkt fand sich reine Steppenlandschaft.




Rückkehr aus der Schlacht.




Einen Bogen weiter spazierte ich einen Hügelrücken vor und fand wieder einmal einen "Alpengarten".









Die zweite Anfahrt von dreien an dieser tollen Stelle.




Lustigerweise befand sich die Kreuzung der Fernstraßen nach Izmir und Antalya nur ca. 1 Kilometer von diesem Punkt entfernt - man merkte davon allerdings überhaupt nichts. Das hätten wir an jenem Abend, an dem wir auf unserer Busfahrt hier Rast machten, wohl nicht gedacht, dass wir ein paar Tage später nur einen Hügel weiter so eine wunderbare Gelegenheit finden würden.









Nein, ich musste mich für diese Aufnahme nicht ducken, die Disteln waren dort wirklich mannshoch, und ich bin nicht gerade klein gewachsen... ;-)




Nachdem wir die Fernstraße auf einer Brücke überquert hatten, erreichten wir die fruchtbare Ebene von Tinaztepe.




Vielschichtige Bergrücken im Morgendunst.




An vielen Bahnhöfen waren diese Plastikboxen für die Weichenwärter zu finden.




Endlich konnte ich einmal ein Rotkäppchen ordentlich erwischen.




Wir fuhren weiter, bald hinter Tinaztepe wurde der Hintergrund spektakulär, dazu gab es herbstliche Farbtupfer.




Auf der zweiten Anfahrt.









Die nächste Stelle mit Blick auf Tinaztepe.









Hinter dem ersten Tunnel der Strecke fotografierten wir über dem zweiten stehend.









Wir rollten bergab zum ersten Tunnel.




Nun mussten wir zurück nach Tinaztepe, erster Grund war eine Güterzugkreuzung, mit DE33008 aus Afyon kommend an der Spitze (siehe Video Minute 20:20). Rechts war gerade ein Cowboy am Werk.




Lokale Spezialität: Cowboys auf Eseln...




Nachgeschoben wurde über die mächtige Steigung von DE24190.




Nun war es schon fast Mittag, und es entspann sich eine Diskussion um die Rückfahrt. Da alle Teilnehmer individuell die Rückreise umbuchen mussten, hatten sich einige verschiedene Routen ergeben. Die meisten wollten jedoch noch an dem Tag mit dem Bus nach Istanbul, mein Zimmergenosse nach Izmir, um am nächsten Morgen dort die Heimflüge zu erreichen. Einer hatte sich dazu entschieden, den Bus nach Ankara zu nehmen, von dort nach Erzurum zu fliegen, und dann die regulären Flüge zu erwischen. Karabük und Dg53752 hatten sich bereits am Donnerstag von der Gruppe verabschiedet, nahmen den Izmir Mavi über Nacht von Usak nach Ankara, anschließend ging es weiter durch die Euphratschlucht mit dem Dogu Ekspresi nach Erzurum, wo sie am Samstag Nachmittag ankamen (also etwa jetzt in dieser Reportage) und so am Sonntag ebenfalls die gebuchten Flüge erreichen konnten. Ich war entspannt, da ich noch eine Nacht in Afyon bleiben würde, und dann den Flug vom neuen Regionalflughafen Zafer nehmen würde.
Zunächst wurde angedacht, dass eventuell die zurückkehrende Schiebelok des Güterzuges die Heimfahrer mitnehmen könnte - doch da das fast alle waren, hätte es in etwa das Bild eines mit Clowns vollgestopften Autos ergeben - , dann wurde unsere DE24249 mit Mannschaftswagen als Shuttle in Betracht gezogen, doch da hatte die Fahrdienstleitung etwas dagegen. Letztlich mietete der Hauptteil der Gruppe - unbemerkt von uns paar verbliebenen Fotografen im Zug - Dolmus-Taxis direkt zum Busbahnhof Afyon.

Nur mit einer Rumpfgruppe von etwa fünf Leuten ging es nach halb eins noch einmal bergauf an die Strecke. Die Sonne hatte sich nun schon deutlich weiterbewegt, die Stimmung um die Felsnadel war eine komplett andere.




Ein Motorradfahrer wartete bei der zweiten (oder schon vierten) Anfahrt an dieser Stelle. Die paar Fotografen hatten sich schön in der Landschaft verteilt, es war ja nun schon fast eine Privat-Sonderfahrt. Ich nutzte die Gelegenheit für weitere ungestörte Videos.




Einen schönen Abschluss für meinen Türkeifilm (Minute 22:08) machte die Bergfahrt mit Blick auf die Ebene, gerade als der Muezzin zum Mittagsgebet rief.









Erneut zwischen erstem und zweitem Tunnel.




Einfahrt in den zweiten Tunnel.




Und als letzte Streckenaufnahme der Reise um zwei Uhr: Ausfahrt aus demselben. Gleich dahinter begann ein dicht bewaldetes Naturschutzgebiet, abgesehen vom Mangel an freien Stellen wäre die Gefahr für einen Waldbrand bei Weiterfahrt zu hoch gewesen.




Während wir auf die Diesellok warteten, wurde für die heile Retourüberführung nach Usak gesorgt.




Um halb drei kamen wir schon wieder in Tinaztepe an.




Die Dampflok wurde nun kaltgemacht, dies dauerte auch nur eine halbe Stunde.




An der Fernstraßenkreuzung setzten wir noch zwei Tourmitglieder aus.




Zurück in Afyon - ja, es ist ein Zug!




An einem Schranken wartete ein Reiter.




Bei den Büffel-artigen Rindern im Wasser mochte man meinen, man wäre in einem Land beginnend mit I und nicht T. ;-)




Um drei kamen wir am Bahnhof an, ich schüttelte noch die letzten übrig gebliebenen Hände und machte mich anschließend auf meine bereits hier gezeigte Altstadt-Tour. Vor dem Hauptbahnhof befanden sich die im Kreis geführten Gleise einer Parkeisenbahn.




Wer meint, Eisenbahnfotografen seien die größten Zerstörer der Vegetation, möge einmal dieses Bild als Beweis nehmen: ein Hochzeitsfotograf riss einfach so ein paar Blümchen im Park aus, weil sie eben im Weg waren. Im Hintergrund die Denkmallok 55025, eine preußische G10.




Ich ging moderne Straßen Richtung Altstadt entlang, auf Google Maps hatte ich schon den Stadtplan vorgeladen. In einem Supermarkt neben einer Kaserne besorgte ich dringend benötigte Getränke, dann ging es auf die Besichtigungsrunde. Unterwegs bemerkte ich unter anderem auch Fußgängerampeln mit animierten Mäxchen.

Nun musste ich mich aber auf meine letzte Mission in der Türkei begeben: den mysteriösen Flughafen Zafer zu finden und zu erreichen. Auf Google Maps ist er aktuell noch immer nicht eingezeichnet, obwohl ich schon vor Monaten eine Aktualisierung hingeschickt habe. Nur auf den Satellitenbildern sind leichte Hinweise auf die Baustelle zu finden, fast kam man sich wie ein Archäologe vor, der jedoch noch nicht Entstandenes ausgräbt: https://goo.gl/maps/uZAVL
Am Rand der Altstadt nahm ich mir ein Taxi zum Busbahnhof, was 20 TL kostete. Dort fragte ich gleich nach einem Bus zum Flughafen, und bekam ein Angebot in einem Fernbus für sofort - allerdings wollte ich ja am nächsten Tag fahren. Also schickte man mich zum Informationsschalter, was sich gleich zu einem äußerst orientalischen Erlebnis entwickelte. Es saß dort ein unbedarfter Junge, der einem zuerst Tee anbot, bevor er mit irgendwelchen Informationen herausrücken konnte. Dabei hatte er das Faltblatt mit den Informationen zu den Shuttlebussen zum Flughafen direkt vor sich liegen. Wobei "Busse" übertrieben ist, es fuhren nur 1-2 pro Tag, denn es gab auch nur 1-2 Flüge. Er meinte, ich sollte am nächsten Tag um 12 zu ihm kommen, aber irgendwie hatte mich das Ganze schon etwas ins Grübeln gebracht, wie verlässlich es sein würde. Wieder um 20 TL nahm ich ein Taxi ins Hotel, ich hatte das selbe Zimmer wie letzte Nacht behalten können. Per WLAN studierte ich noch diverse Seiten zum Zafer Airport, der Bus-Flyer fand sich letztlich auch online, wenn auch versteckt. Nun gut, ich würde einmal gemütlich ausschlafen, und dann am nächsten Tag entscheiden, was zu tun wäre.



29. 9. 2013

Am Sonntagmorgen konnte ich endlich mal nach mehr als einer Woche erst um 9 Uhr aufstehen, anschließend packte ich gemütlich und besorgte mir noch eine unpackbar grausliche Limonade im benachbarten "Bim" Supermarkt. Ich bezahlte an der Rezeption, ließ den netten Herren dort ein Taxi rufen und bei der Gelegenheit gleich fragen, was denn so eine Fahrt zum Flughafen kosten würde. Nun, es war nicht gerade billig, aber für 60 km Taxifahrt ins Nichts auch wieder OK. Zudem hätte ich auch noch das Taxi zum Busbahnhof zahlen müssen, das musste man mit der Busfahrkarte, welche 25 TL hätte kosten sollen, abziehen - es belief sich auf 75 TL zusätzlich. Da ich nicht ganz fit war und keine Lust auf irgendeinen Stress hatte, nahm ich das Angebot an und wartete auf einer sonnigen Bank vor dem Hotel. Nach einiger Zeit kam ein Tofas Taxi angefahren, und es ging los. Nun merkte ich endlich, was bei meinen Recherchen unter "Autos in der Türkei hätten oft ungewöhnlich weiche Federung" gemeint war, das Ding schwamm über Bodenwellen wie ein Flussdampfer, da wäre Seekrankheit keine unrealistische Option. Die Straße D650 nach Norden Richtung Kütahya wurde auch gerade komplett zweispurig ausgebaut, was eine kilometerlange Baustelle zur Folge hatte. Nach etwa 45 Minuten Fahrt erreichten wir die Abzweigung der D615 Richtung Altintas, gleich dort bog man auf die neue Zufahrt zum Flughafen ein, welche auch noch nicht auf Google Maps zu finden ist. Es bot sich ein surreales Bild, eine Anlage für zwei Millionen Passagiere jährlich des im November 2012 eröffneten Flughafens - aber ich schien der erste oder zweite zu sein! Am Eingang wurde ich von drei Securities durchleuchtet, die sichtlich über Arbeit erfreut waren, doch drinnen im Gebäude waren noch alle Schalter zu, auch sämtliche Geschäfte geschlossen. Ich setzte mich also gemütlich hin, erst nach und nach trafen die Mitarbeiter ein, und die Rollläden wurden hochgezogen. Eine Handvoll Passagiere hatte sich gerade erst versammelt, als um 13:00 das Check-In öffnete. Für beide Flüge ergatterte ich einen Notausgangs-Fensterplatz. Es hatte also doch noch mehr Vorteile früher da zu sein, eine halbe Stunde später traf der Shuttlebus pünktlich ein.

Ebenso die 738 aus Istanbul, passenderweise "Usak" genannt. Sofort stürzten sich ein Dutzend gelb-bewesteter Männchen aus dem Gebäude, rasant wurde alles abgewickelt - kein Wunder, wenn man den ganzen Tag nur auf das eine Flugzeug wartet! Anschließend wurden wir Fluggäste auf das Rollfeld im Nirgendwo gelotst.




Wir gewannen schnell in einer Spirale an Höhe, dann wurde schon das Essen serviert - da sieht man, welchen Service Turkish Airlines bietet, auf einem 37 Minuten Inlandsflug! Es gab ein durchaus gutes Lunchpaket mit Hühnersandwich, Kidneybohnen in Olivenöl und einem Kuchen, nur durch reinstopfen ging sich das in der kurzen Flugzeit aus, mitnehmen wäre wohl besser gewesen. Diesmal landeten wir in Istanbul Atatürk, ein ziemlicher Kontrast zum recht angenehmen Sabiha Gökcen auf der asiatischen Seite. Durch den Erfolg von Turkish hat sich der Flughafen zu einer großen überregionalen Drehscheibe entwickelt, auf recht wenig Platz herrschte ein Gedränge, auch mit vielen Menschen aus Indien, Afrika und den arabischen Ländern. Ich hätte einen engeren Anschluss nach Wien buchen können, aber den späteren Abendflug zu nehmen erwies sich doch als gute Idee, sonst wäre es ziemlich stressig geworden. An der Passkontrolle stand ich hinter einer amerikanischen Familie. Das kleine Mädchen musste dem schmunzelnden Beamten nach ihrem Pass auch einen kleinen Pass für ihre Puppe zum Stempeln reichen. Dann suchte ich mir einen Sitzplatz, was im allgemeinen Wartebereich, eigentlich eher Gang, gar nicht so leicht war. Ausruhen konnte man sich praktisch nicht, es kamen tausende Ansagen um die gleichen Passagiere aufzurufen, welche auch nach einer halben Stunde noch nicht erschienen waren. Zudem hatte offensichtlich jeder Flughafenmitarbeiter Zugang zum Ansagesystem, dauernd kamen neue Meldungen von Dutzenden verschiedenen Stimmen. Kein Wunder, dass manche Flughäfen diese Ansagen schon komplett abgeschafft haben. Zusätzlich düsten ständig Vehikel mit einem Affenzahn durch den Gang, es gab zwar eigens gekennzeichnete Spuren für sie, aber darum kümmerte sich kein Passagier.

Endlich wurde das Gate für meinen Flug angezeigt, dort war die Atmosphäre angenehmer, da am Ende des Terminals gelegen, aber auch im Vergleich zu anderen Flughäfen überbevölkert.









Abflug vom Marmarameer.












Der Rückflug erwies sich als sehr angenehm, wieder im Notausgangsitz natürlich. Schon als wir vom Gate wegrollten, wurde von den freundlichen Flugbegleiterinnen Rahat serviert, zudem eine Menüauswahl mit dem Abendessen. Unterwegs genoss ich dann den Ausklang der Reise standesgemäß mit Efes und Köfte...

War das nun das Ende der unberechenbaren Orient-Expressreihe? Nun, als nächstes gibt es something completely different, aber wer weiß, vielleicht kommt sie ja wieder? :-)
« Letzte Änderung: 09. Februar 2014, 18:36:19 von Roni »

DarkFox

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Re: Orient-Express 13: Volldampf nach Hause (50 B.)
« Antwort #1 am: 20. Januar 2014, 01:21:10 »
Hallo Roni,

du machst einfach wundervolle Reportagen. :) Sogar vieles, wie man es aus Videos, Filmen oder Fotos kennt.
Ich hätte, womit du heimgeflogen bist,  Flug- und Höhenangst die ganze Zeit über. Aber auch die wundervollen Landschaften über festem Boden bewundern. Und in der Nacht ein Lichtermeer. :)

Mit freundlichen Grüßen
DarkFox

messermoser

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Re: Orient-Express 13: Volldampf nach Hause (50 B.)
« Antwort #2 am: 20. Januar 2014, 04:35:22 »
Danke fuer die Genialen Bilder. Bei machen Bildern denkt ma jetzt kommt glei der Eastwood Clint am Pferd daher.
Schoenen Gruss aus Bali
Peterle