Autor Thema: Urlaub in Bulgarien 2015 - 25: Ein Abend in Sofia (50 B.)  (Gelesen 6330 mal)

Roni

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Urlaub in Bulgarien 2015 - 25: Ein Abend in Sofia (50 B.)
« am: 16. Februar 2016, 12:08:02 »
Hallo!



Zum vorherigen Teil der Serie:
Urlaub in Bulgarien 2015 - 24: Rhodopen - Sofia (50 B.)
http://www.mstsforum.info/index.php?topic=3761.0


Zum Video:
https://youtu.be/4dl-qDnduFM




10. 8. 2015


Wir setzen unser Sofia-Programm an der Löwenbrücke fort. Sofia ist eine Stadt der Kreuzungen, hier in der Ausgabe Straßenbahn-Trolleybus.




Beim Blick zurück zur Löwenbrücke erkennen wir eine weitere Sofioter Spezialität: Straßenbahn-Briefkästen, der rote Kasten links neben der vorderen Türe.




Ein T6-700M auf dem Boulevard Knjaginia Maria Luisa. Diese Triebwagen wurden von der bulgarischen Tramcar 1986 - 1988 ausgeliefert und ab 2009 modernisiert.




Wir folgten dem Boulevard ins Zentrum, die Ecke fand ich irgendwie unangenehm.




Wir sind vor der Banja-Baschi-Moschee angelangt. Rechts die Zentralmarkthalle, Anfang des 20. Jhdts. im Neorenaissance-Stil erbaut - kurz wird sie "Chalite" - "die Hallen" genannt, analog zu "Les Halles" in Paris.
Im Vordergrund sieht man eine seltene Straßenbahnkreuzung: die meisten Linien werden in der außergewöhnlichen Spurweite von 1009 mm geführt, doch drei Linien (20, 22, 23) - die hier querenden Gleise - sind normalspurig.




Am Gehsteig strömte uns eine Hundertschaft israelischer Touristen entgegen. Wir besichtigten die Sofioter Synagoge, am Eingang wurden unsere Ausweisdaten aufgenommen, dann durfte man eintreten. Für Wiener ist sie besonders interessant, da sie nach dem Vorbild des Leopoldstädter Tempels - einst der größten Synagoge Wiens - errichtet worden war.
Der Bau wurde kürzlich renoviert, lediglich die Energiesparlampen an den Lustern sind nicht ganz passend...
Mehr darüber: https://de.wikipedia.org/wiki/Sofioter_Synagoge




Die Synagoge wurde in orientalisierendem Stil mit Elementen der Wiener Secession errichtet. Ein älterer Herr saß dort, und war etwas beleidigt als wir uns nicht von ihm herumführen lassen wollten - hatten wir doch noch einiges vor.









Eine Version der Erinnerungstafeln.




Auf der Normalspurlinie 22 vor der Markthalle fuhr ein Duewag T4/B4 Gespann vorbei. Von diesen 1960 gebauten Triebwagen wurden 1995 neun aus Bonn übernommen. Dieses Jahr sollen sie durch aus Prag beschaffte Tatra T6A5 ersetzt werden.




Duewag-Treffen vor der Synagoge.














Die Banja-Baschi-Moschee (wörtlich: "Viele-Bäder-Moschee", da sich hier schon seit römischen Zeiten eine Thermalquelle befunden hatte) aus dem Ende des 16. Jhdts. ist eine der ältesten Moscheen Europas. Mehr Information: https://de.wikipedia.org/wiki/Banja-Baschi-Moschee
Darüber setzte ein Wizzair-Jet zur Landung an - ein beliebtes Transportmittel für britische Bahn-Basher. ;-)




Sofia ist eine vielschichtige Stadt: Sweta Petka Samardschijska (Schutzheilige der Sattler) ist eine Kirche, welche im 16. Jhdt. ein erstes Mal Erwähnung fand und auf dem Platz eines Heiligtums der römischen Stadt Serdica (siehe auch gleichnamige U-Bahn-Station daneben) errichtet worden war. Im Hintergrund befindet sich das Parlament und rechts der Präsidentenpalast.




Im Hof zwischen dem Sitz des Präsidenten und dem Sofia Hotel Balkan gleich das nächste Highlight: Die Rotunde des Heiligen Georg, das Gebäude war im 4. Jhdt errichtet worden. Gleich dahinter findet man die Reste einer römischen Straße.




Die Kirche - zwischendurch einst Moschee - ist verziert durch bis ins 10. Jhdt. zurückgehende, wieder freigelegte Freskenreste, um die Kuppel sind 22 Propheten abgebildet (Undercover-Handyfoto).




Nachdem wir uns bis jetzt aufgrund der Öffnungszeiten der Kirche beeilt hatten, konnten wir uns nun ein wenig entspannen und nahmen Platz im Cafè Rotonda in den Arkaden des Hofes. Ich wollte für einen Tag das Balkan-Grillfestival unterbrechen, bevor es in Serbien seinen Höhepunkt finden würde, und bestellte das Risotto des Hauses. Seltsamerweiser dauerte meine Speise wesentlich länger, doch dann sahen wir auch den Grund dafür: es wurde speziell in muschelförmigen Gefäßen serviert, garniert mit großen, extra gegrillten Meeresfrüchten... nun ja, gut war es jedenfalls... ;-)
In noch schönerem Abendlicht machten wir uns daran, am Parlament vorbei den Gipfel Sofias zu erklimmen.




Hinter Park und bürgerlicher Architektur fuhr ein Trolleybus vorbei.




Der grimmige Zar Samuil aus dem 10.-11. Jhdt.




Die mächtige Alexander-Newski-Kathedrale aus dem 20. Jhdt. liegt auf einem offenen Platz frei von Verkehr.




Wir widmeten uns jedoch der historische bedeutenderen, stadtnamensgebenden Sophienkirche am höchsten Punkt der Stadt.




Der heutige Bau stammt aus dem 6. Jhdt., die ersten Fundamente sind jedoch bereits im frühen 4. Jhdt. entstanden.




Und da ist sie, die Sophie - allerdings wurde die Kirche, wie etwas auch die Hagia Sophia, nicht nach einer Heiligen, sondern nach der Weisheit benannt. Vermutlich entwickelte sich der Name der Stadt so, dass diese Kirche stets ein wichtiger Bezugspunkt war, man ging "zur Sophie" - daraus wurde Sofia.




...




Die Russische Kirche aus dem frühen 20. Jhdt., errichtet anstelle einer zerstörten Moschee.














Das ist die moderne, im Jahr 2000 aufgestellte Statue der Sofia, die einige Kontroversen auslöste.




Überblick über die (Ge)Schichten Sofias, unten die Ausgrabungen der römischen Stadt Serdica, im Hintergrund die Moschee aus dem 16. Jhdt.




Dazu Straßenbahnen in zwei Spurweiten.









Hinter der Bädermoschee befindet sich das Zentrale Mineralbad mit Park.









Unten im Vordergrund Reste des alten türkischen Bades, im Hintergrund Markthalle und Synagoge. Meine zweite Heimatstadt - Sarajevo - rühmt sich ja, neben Jerusalem der Ort zu sein wo Synagoge, Moschee und Kirche am engsten beisammen liegen, aber Sofia ist definitiv auch ein Kandidat.




Nun sind wir wieder an der Normalspurstrecke angelangt, wo die Abendsonne genau richtig schien. Auf der Linie 20 Depot Iskar - U-Bahnhof Opaltschenska verkehrten T6B5B aus dem Jahr 1988. Als in Sofia begonnen wurde, das Straßenbahnnetz umzuspuren, konnten durch Eigenbaufahrzeuge nicht die gewünschten Resultate erzielt werden. Daher beschaffte man 37 dieser Triebwagen von CKD Tatra. Die Baureihe ist vor allem in der ehemaligen Sowjetunion als Typ T3M, aber auch in Pjöngjang zu finden.




Aus der anderen Richtung näherte sich ein ex-Bonner GT6 mit Baujahr 1959.









1009 mm - Normalspur-Kreuzung vor der Markthalle.




Und Normalspur-Treffen.









Das Abendlicht beleuchtete schön die Berggipfel im Hintergrund.




Und die Sonne stand perfekt für Löwenbrücken-Impressionen.














We are going local! - Dann war es bei früher Abfahrt am nächsten Tag Zeit für das Zimmer.






11. 8. 2015

Bei Sonnenaufgang marschierten wir mit Gepäck Richtung Busbahnhof.









Unser Vehikel von Matpu für die nächsten 4 Stunden - leider verkehrte damals der MBV 292 "Nusic" nur so, dass man erst nach Mitternacht ein Hotel in Nis erreichen würde, also unpraktikabel für eine Reise mit "Normalpublikum".




Entlang der elektrifizierten Stecke Sofia - Dimitrovgrad, die man auch öfters sah - Züge zeigten sich jedoch nicht - , brummten wir Richtung serbischer Grenze. Auf der bulgarischen Seite mussten wir alle aussteigen, auf der serbischen wurden nur die Pässe eingesammelt. Insgesamt dauerten die Grenzformalitäten eine halbe Stunde, nach acht Uhr jetzt wieder mitteleuropäischer Zeit hatten wir alles überstanden, machten gleich darauf aber noch eine Viertelstunde Pause an einer Raststation.
Wir fuhren in den Ort Dimitrovgrad hinein und passierten die Einfahrt zum Bahnhof. Noch immer zeigte sich kein Zipfelchen eines Zuges, obwohl wir stets die Strecke entlanggefahren waren.



Mal sehen, ob es im nächsten Teil auch so bleibt... :0)