Autor Thema: Mit dem Schnellzug durch die Berge - 32: Šargan 8 (50 B.)  (Gelesen 6632 mal)

Roni

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Mit dem Schnellzug durch die Berge - 32: Šargan 8 (50 B.)
« am: 01. September 2020, 10:58:31 »
Hallo!



Zum vorherigen Teil der Serie:
Mit dem Schnellzug durch die Berge - 31: Strand-Roštilj (50 B.)
http://www.mstsforum.info/index.php?topic=4048.0


Das Video zu dem Teil:
https://youtu.be/vt-5Z_g6wdA


Šarganska Osmica Luftbild:
http://raildata.info/heck/sargan8.jpg




31. 8. 2005

Wir befinden uns in einem Schlafwagen des B 812 "Lovćen" auf der Fahrt von Bar nach Serbien. Mitten in der Nacht - irgendwo im Zlatibor-Gebirge - kam es zu einem längeren Aufenthalt, fluchende Eisenbahner gingen am Waggon vorbei. Offensichtlich war etwas an der Lokomotive durchgebrannt. Gegen 4:30 tauchten als Erlösung die Lichter einer Ersatzlok auf. Uns war es nicht so unrecht, wäre die Nacht doch ohnehin sehr kurz geworden. Letztendlich erreichten wir Užice um 5:39 morgens mit 2:45 h Verspätung. Wir schauten noch kurz in der Fahrdienstleitung vorbei, wo sich die weiterhin fluchenden Eisenbahner versammelt hatten. Danach ließen wir unser Gepäck im gebuchten Hotel.




Ein Linienbus brachte uns anschließend schon um 8:30 nach Mokra Gora nahe der Grenze zu Bosnien (Republika Srpska).




Angekommen am damaligen Endbahnhof der "Šarganska Osmica" ("Šarganer Achter") in Mokra Gora. Die Gebäude hier waren schon fertiggestellt, anderweitig befand sich die Infrastruktur noch im Aufbau. 2010 wurde die Verlängerung bis Višegrad in Bosnien komplettiert, womit es sich seither um eine der wenigen internationalen Museumsbahnen weltweit handelt:
https://de.wikipedia.org/wiki/%C5%A0arganska_osmica

In Betriebszeiten bis 1974 stellte die Bergstrecke die Erweiterung der Bosnischen Ostbahn von Sarajewo nach Serbien dar, man konnte durchgehend auf bosnischer 760 mm Spur bis Belgrad-Čukarica fahren:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bosnische_Ostbahn

Eine fantastische Seite mit Bildern aus Planzeiten, Fahrplänen und mehr:
http://www.penmorfa.com/JZ


Wir näherten uns der Reihe der zu dem Zeitpunkt noch hier abgestellten Fahrzeuge.




Ein absurdes Schienenauto aus dem Film "Das Leben ist ein Wunder", welcher hier gedreht wurde, gehört ebenfalls zur Sammlung:
https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Leben_ist_ein_Wunder










Angeheizt war die älteste Maschine der Bahn, 83-052 (Jung/Jungenthal Nr. 3534 / Baujahr 1923). Diese universal bekannte Baureihe stellte auch ein universales Rückgrat der Schmalspurbahnen dar:
https://de.wikipedia.org/wiki/BHStB_IVa5





Das monströse neue Bahnhofsgebäude in Mokra Gora. Dieser Begriff beschreibt den vorherrschenden Stil wohl am besten: "nationalistisch-orthodoxes Disneyland"...
Geprägt wurde die Gegend maßgeblich vom Regisseur Emir Kusturica, welcher auch den Aufbau der Bahn unterstützte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Emir_Kusturica





Widmen wir uns lieber klassischen Details.



















Ebenfalls vor Ort: 25-27 (ČKD Nr. 2527 / gebaut 1949). Schwesterlok 25-30 hatte ich 2010 schon im Planbetrieb beim Verschub in Banovići erlebt:

Dampf in Bosnien 2010 - 6: Banovici I - Schmalspur-Hauptstrecke (50 B.)
http://www.mstsforum.info/index.php?topic=2778.0










L45H-097 (Faur Nr. 25240 / Baujahr 1987) sollte später im Einsatz stehen. Insgesamt waren vier Maschinen der Baureihe, wie wir sie schon unter anderem vom Wassertal kennen, aus Rumänien für die Museumsbahn beschafft worden. L45H-077 (Faur Nr. 24076 / Baujahr 1980) befand sich ebenfalls vor Ort, sie wurde seither remotorisiert und als 740-101 umgezeichnet.









Um zehn Uhr begann man zu verschieben.




Dann ging es los - nein, nicht in diesem Vehikel, sondern im Dieselzug. Denn es wurde ein besonderes Schmankerl serviert...




Als Denkmal in Mokra Gora: die rumänische Waldbahnlok CFF 764-427 (Reșița 1954).




Über dem Ort befindet sich Emir Kusturicas Kunststadt Drvengrad (wörtlich: "hölzerne Stadt"):
https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BCstendorf





Nun aber zum Wesentlichen: wir blieben mit dem Dieselzug stehen und - der Dampfzug folgte uns, Mokra Gora verlassend.




Soeben noch im Tal, dampfte er auch schon aus dem Tunnel Nr. 51.

Am Anfang der Reportage habe ich ein Luftbild verlinkt, wo die Streckenführung teilweise zu sehen ist. Dem recht verwirrenden Streckenverlauf - denn es ist mehr als nur ein "Achter", insgesamt befinden sich bis zu vier Ebenen übereinander - ist wohl auf dieser Karte am besten zu folgen:
http://www.penmorfa.com/JZ/hdahlhaus5.html





Hier hat man ziemlich brutal ein Stück entlang der Bahn asphaltiert.




Die Schienen rechts unten sind zur weiteren Verwirrung nicht Teil der Strecke.




Wir empfingen den Dampfzug wieder aus Tunnel Nr. 48 heraus.




Eine echte "In den Schluchten des Balkan"-Stelle.




Die Trasse überquert den Fluss Kamišna.









Mit dem Dieselzug erklommen wir durch Tunnel Nr. 47 die zweite Ebene. Man musste sich zwischen Zug und Abhang entlang hanteln, um zu diesem Blick auf die Brücke zu gelangen. Das war vermutlich einer der gefährlicheren Stunts, wie ich ihn auch bei wesentlich intensiveren Fotofahrten noch kaum erlebt habe. Aber was tut man nicht alles für so eine Aussicht.









Blick Richtung Mokra Gora mit neuer Straße teilweise neben der Bahn.




Und hier rechts die verwirrenden zusätzlichen Gleise, welche tatsächlich ein Freilichtmuseum bilden. Daneben der Heilbrunnen Bele Vode, auf der anderen Seite des Flusses mit Nachbau-Steinbrücke wurde eine Johannes dem Täufer gewidmete Kirche gebaut.














Wir passieren die "Station" Golubići - welche tatsächlich nur als Filmkulisse gedient hatte und mitten in der Steigung gebaut worden war.




Einfahrt in den echten Bahnhof Jatare.




Nun zum Höhepunkt: wenn man zwei Züge und einen Achter zur Verfügung hat, lässt sich ja Modellbahn spielen. Der Dieselzug setzte uns am Aussichtspunkt zwischen Tunnel Nr. 38 und 37 oberhalb von Jatare ab. Anschließend rollte er wieder eine Ebene rückwärts, während der Dampfzug bisher auf der zweiten Ebene nahe Golubići hinter der Kurve im Bild gewartet hatte. Dann konnte das Ballet der Züge beginnen...




83-052 dampfte aus Tunnel Nr. 42, während L45H-097 auf Tunnel Nr. 39 zusteuerte.




Und zehn Minuten darauf bei uns ankam.




Aussichtspunkt 1-K.




Genießen wir noch einmal nur mit Dampf.














Im Anschluss rollten wir durch den 1666 m langen Šargan Scheiteltunnel Nr. 32 im anderen Museums-Endbahnhof Šargan Vitasi ein, welcher sich noch im Aufbau befand.









Über den Sinn dieser Draisine bin ich nicht ganz im Klaren.









Am großen Lokschuppen baute man noch, weitere Infrastruktur wie ein Bekohlungsturm und Wasserkran wurde später errichtet.









Kurz vor eins traf der Dampfzug ein.




Wir mussten schauen, zurück nach Užice zu gelangen. Der Linienbus sollte erst Stunden später fahren. Doch man weiß sich zu helfen: einfach beim netten Nachbarn der Schafe gefragt, einem älteren Herrn. Der packte gegen ein gebührliches Entgelt seinen alten Lada aus und führte uns die 35 km in die Stadt.



Nächstes Mal geht es weiter mit nostalgischen Erlebnissen auf zwei Spuren! :-)