Hallo!
Der vorherige Teil der Reportagen:
Indien 2012 - 10: Udaipur - Ein Morgen im Leben ... (50 B.)http://www.mstsforum.info/index.php?topic=3216.0Das Video zum Bericht:
http://www.youtube.com/watch?v=Ln9ntoVBVts&hd=111. 2. 2012Wir befinden uns am Bahnhof Kuvanthal, genau wie die Meterspurstrecke Mavli Jn. - Marwar Jn. in den 1930ern gebaut. Irgendwie vermittelte das Gebäude eine Art Wild-West-Flair.
Wieder ein Brunnen beim Bahnhof.
Auch die Landschaft stand dem Wild-West-Feeling um nichts nach.
YDM-4 6565 war wieder mit dem 52076 MVJ - MJ Passenger eingefahren.
Es gab hier nur eine provisorische Bahnsteigkante, vermutlich einst ein paar Gleise mehr. Der Güterschuppen stammte ebenfalls noch aus der Gründerzeit.
Auch hier kamen einige Einheimische zur Zugsabfahrt, offensichtlich wurde auch mit dem Lokpersonal geplaudert.
Ein älterer Herr mit Stock war dem Zug entstiegen.
Die Maschine hatte schon einiges erlebt.
Indian Railways Fensterblicke.
Auf der Straße wurden einige weißgekleidete Jain-Nonnen und –Pilger überholt, danach kamen wir nach Khambli Ghat, dem Beginn der Bergstrecke über die Aravalli-Berge. Das Einfahrtssignal war schon gezogen, aber wir wollten nicht riskieren den Zug auf der Bergstrecke zu verpassen und fuhren gleich weiter. Zuvor deckten wir uns allerdings an den Straßenständen des Ortes mit genügend Flüssigkeit für den Bergausflug ein.
Handschatten.
Vielschichtiger Straßenmarkt.
Im Dörfchen Kachhbli unauffällig abzweigend ging es einen sehr steinigen Feldweg durch Mondlandschaft hinauf nach Ghoram Ghat, die Mittelstation der Bergsektion zwischen Khambli Ghat und Phulad. Selbst hier, in der Einsamkeit, mussten wir noch ein paar Ziegenherden im Jeep überholen.
Wir passierten einige ausgetrocknete Becken mit Dämmen, welche in der Monsunzeit zum Speichern von Wasser dienen. Die Landschaft wurde immer einsamer und ausgetrockneter, dennoch kamen uns immer wieder Menschen entgegen.
Der Fahrer trieb den Jeep so weit den steinigen Weg hinauf, wie noch nie zuvor mit meinen Begleitern, doch irgendwann mussten wir zu Fuß weitergehen. Die Aravalli Kette ist der erodierte Rest eines uralten, im Präkambrium gebildeten Gebirges. Wir mussten nun einem Pfad eine Schlucht hinunter folgen, in einer geologisch sehr interessanten Umgebung. Überall lagen Felsstücke mit deutlich sichtbaren Schichten, teilweise auch gekrümmt, durcheinander herum. Wir trafen wieder auf ein paar Menschen, welche sich Holz beschafften. Die Schlucht war plötzlich ziemlich grün, denn hier tritt ein kleiner Bach an die Oberfläche, welcher in der Regenzeit einen Wasserfall bildet. Aus diesem Grund war hier auch eine Pilgerstätte eingerichtet worden, der Jog Mandi Shiva Tempel.
Gleich daneben lag eine der Brücken, laut Informationsschild nach dem Tempel Jog Mand benannt. Die Bahn umrundet hier das Tal, auf der anderen Seite lag die Station Ghoram Ghat.
Wir überquerten zwei Brücken, die zweite, Ghora Ghati, wollte ich fotografieren und erklomm über steiles Gelände den Bergrücken.
Der Zug kam bald, um 11:30, hinuntergerollt, und man konnte ihm die ganze Zeit folgen.
Rechts hinten ist der Zug noch einmal auf einem Viadukt bei der Station zu sehen.
Von hier aus konnte man als Nachschuss auch das längste, talüberspannende Kachbali Nala Viadukt umsetzen.
Das Panorama, auf dem höchsten Berg gegenüber befand sich ebenfalls ein Tempel.
Beim Einfahrtssignal zur Station auf der anderen Seite musste der Zug stoppen und gab sich durch ein Pfeifen bekannt. Hier befindet sich ein sogenanntes "Catch Siding", eine Schutzweiche mit steil auf den Berg führendem Gleis, vor welchem eine Bremsprobe durchgeführt werden musste. Erst nach erfolgreicher Probe durfte die Schutzweiche gestellt werden. Die gleiche Prozedur findet genauso auf stark befahrenen Hauptstrecken statt. Nach kurzer Zeit fuhr der Zug wieder an, in die Station ein und gleich darauf wieder weiter über das dahinter liegende Viadukt.
Der gleiche Blick mit Jog Mandi Tempel.
Wieder die dominanten Schichten, um den Tempel herum wurden einige Steine bemalt.
Das Fernpanorama bereits mit Blick in die nördliche Ebene von Marwar, ganz rechts vor dem Bahnhof Ghoram Ghat erkennt man das "Catch Siding". Auf der Bergstrecke gibt es mehrere davon, überall muss der Zug stoppen.
Die Brückenbeschriftungen, hier handelt sich bereits um Brücke Nummer 106 der Strecke.
Nun gab es wieder eine hervorragend mundende Mittagspause mit Alu und Chapati, dazu als Süßigkeit Besan (Mehl aus gelben Linsen) Chakki, eine kuchenähnliche, nussige Mehlspeise, die jedoch leichter als europäische Kuchen war und schon im Mund zerbröselte.
Die Zeit bis der Zug um 15:30 aus Marwar Jn. zurückkehren sollte verbrachte ich durch Tagebuchschreiben und Erkunden bis zur Talquerung.
Am Hang entdeckte ich eine Affenfamilie, Ghoram Ghat Station ist berühmt für seine aufdringliche Affenbevölkerung, diese hier waren allerdings scheu.
An der Talquerung.
Am Weg zurück dachte ich schon wir hätten die Zivilisation endlich hinter uns gelassen, da kamen mir ein paar Hirtinnen und ihre Kinder mit einer großen Ziegenherde entgegen. Die Gleise wurden offensichtlich als Zugang zu entlegenen Berggegenden genutzt.
Die Zeit für den bergfahrenden Zug kam endlich, es wurden zwanzig Minuten Verspätung. Ich entschied mich für die Brücke beim Tempel, konnte davor aber die bergauf arbeitende Lok noch rund ums gesamte Tal foto- und videografisch begleiten.
Schon im Gegenlicht befand sich die Brücke beim Bahnhof.
Bei der Ausfahrt passierte der Zug das "Catch Siding", man sieht deutlich an der Vegetation wo noch ein bisschen Feuchtigkeit vorhanden war.
Blick mit Ziege.
Und am Tempel, zu der Zeit waren keine Priester anwesend.
Durch die Jog Mand Brücke.
Der Zug befuhr nun die Talquerung.
Unter der Jog Mand Brücke.
Harish erzählte, dass der Zug für Pilger manchmal auf Verlangen vor dem Tempel stehen blieb, allerdings funktionierte dies nur in die andere Richtung bergab, bergauf wäre die Stelle zu steil zum Anfahren und die Pilger müssten zum Einsteigen hinüber zur Station wandern.
Ich grüßte den Lokführer im Vorbeifahren, doch der war gerade mit Handyfotografie beschäftigt, ebenso einige Leute im Zug inklusive einer filmenden europäischen Touristin an einer Türe.
Wir mussten nun alle von verschiedenen Stellen zusammenwarten, dann stiegen wir den schönen Weg bergan. Wir schafften es mit einigen schönen Impressionen der diversen Gesteinsschichten zurück zum Auto, wo der Fahrer sein verlängertes Nickerchen gehalten hatte.
Zurück in Khambli Ghat wurde noch schnell Chai und Snacks eingekauft, dann ging es auf dem gut ausgebauten National Highway 8 die 128 km zurück nach Udaipur, wo ich am Abend den Zug nach Ratlam zu erreichen hatte.
Anfangs war man noch relativ allein auf der Straße, dies änderte sich jedoch schlagartig, als wir in das enorme weiße Marmorabbaugebiet nördlich Udaipurs gerieten. Sicher 50 km lang reihte sich ein Marmorunternehmen an das nächste, auf Tiefladern wurden häusergroße Brocken transportiert, ebenso auf allen anderen Vehikeln. Traktoren wurden vorne durch zusätzliche Marmorbrocken als Gegengewicht bestückt, damit sie bei entsprechender Beladung am Anhänger nicht in die Höhe stiegen. Alles war in weißen Staub gehüllt, und von den umgebenden Bergen fehlten natürlich schon riesige Teile. Dies in einem Verkehrschaos, das seinesgleichen suchte, namens indische Landstraße. Wobei man nicht sagen kann, dass es Chaos ohne System wäre, nur eben ein selbstmörderisches System. Das Hauptproblem sind die enorm unterschiedlichen Geschwindigkeiten zwischen den Vehikeln, bis Udaipur hatten wir sicher hunderte Fahrzeuge überholt. Man klemmt sich hinter den Vordermann, schon praktisch rechts fahrend, hupt oder blendet auf, und los geht’s. An unübersichtlichen Stellen, wie Bergserpentinen wird nicht extra gewartet, nein, es gibt durch Blinken des Fernlichts ein Warnsystem. Falls niemand zurückblinkt, wird beinhart in die rechte Spur gewechselt. Das alles in einer Masse von LKWs, Bussen, Traktoren, Autos, Motorrädern, welche sowieso nur am linken Rand fuhren und quasi vier Spuren schafften. Mit viel Augenzudrücken wurde der Bahnhof von Udaipur erreicht, wo ich nach einem herzlichen Abschied von Harish und Heinrich in den 19658 Udaipur City - Indore Express stieg. Diesmal hatte ich in 2AC das untere Querbett, für mich eigentlich keine schlechte Wahl, denn hier konnte man ungestört abgeschottet liegen, falls einem nicht dauernd unabsichtlich von vorbeigehenden Leuten der Vorhang weggeschoben wurde - trotz Fixierungsklettverschlusses. Zudem hatte man zwei eigene Fenster und konnte sich orientieren. So legte ich mich gleich um acht Uhr hin, am nächsten Tag hieß es früh in Ratlam für die nächste Meterspurstrecke aufstehen.