Autor Thema: Ost... Alpentour? - 1: O Romeo! (50 B.)  (Gelesen 6133 mal)

Roni

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Ost... Alpentour? - 1: O Romeo! (50 B.)
« am: 26. September 2016, 23:50:03 »
Hallo!


Mitte September ging es unter der Woche ein paar Tage zur IGE-Ostalpenrundefahrt - geplant - rein hinter Dampflokomotiven. Für Slowenien hatte ich mich mit meinem Freund und professionellen Fotografen Misko Kranjec verabredet, der Bilder der Tour im Auftrag der SZ anfertigte. Doch es bestand schon die Möglichkeit, vor Herbsteinbruch noch ein wenig Dolce Vita einzuatmen - also nahm ich Montagabend EuroNight 60235 im Vierer-Liegewagen nach Verona. Leider musste ich vor dem Vergnügen etwas anderes einatmen, denn ein älterer Herr im Abteil sonderte einen derartigen Körpergeruch ab, dass man die Nacht nur mit dem Leintuch als Atemschutz überstehen konnte.


13. 9. 2016

Wir waren pünktlich unterwegs, das bedeutete einen Aufenthalt in Venezia Mestre von 2:50 bis 5:22. Die Fuhre nach Milano Centrale übernahm zu meiner Freude E444R.033, so konnte ich sie am Morgen um 6:35 in Verona Porta Nuova ablichten. Der Bahnsteig wurde gerade teils renoviert, doch länger dort verweilen zahlte sich ohnehin nicht aus, da der Zug erst um 7:15 die Fahrt fortsetzen würde.




Ich musste gleich zu meinem Motiv, der Hauptstreckenbrücke östlich des Bahnhofs über die Etsch. Ein schneller Marsch, und ich erwischte schon Frecciabianca 9700 aus Venedig bei der Einfahrt um 6:50 mit der südlichsten Ostalpenkulisse.




Sonderzugfahrplan hatte ich für den Tag keinen, doch ich sah in der Ferne etwas dampfen, wo Gleise sein könnten. Die Frage war nur: was tun - bleiben oder die Brückenseite wechseln? In der Zwischenzeit meldete sich schon der Sonnenball, dazu kam eine Taucherbrille der Rail Traction Company des Weges - dafür fährt man hunderte Kilometer von Wien nach Italien! ;-)

Die Entscheidung wurde mir abgenommen: der Dampf in der Ferne war wohl eine Fabrik gewesen, um 7:09 näherte sich ein gewisses Geräusch recht rasch von hinten - und da war FS 685.196 schon in bester Morgenstimmung.




Also konnte man den Rest des Morgens entspannt angehen, dieser Durchblick unterhalb der Brücke gefiel mir besonders, mit R 2707 Brescia - Venezia Santa Lucia.




Ich ging zur nächsten Straßenbrücke, der traumhafte Blick Richtung Altstadt und Berge.




So idyllisch wie es aussah, war das Warten nicht. Der Morgenverkehr fiel recht heftig aus, Öffis verkehren nur in Form von Bussen. Wenigstens fahren viele Leute Rad.




Dafür wird man mit derartigen Blicken belohnt, Teile der Stadtbefestigung von Verona und der weiß-blau lackierte Hochgeschwindigkeitstestzug ETR 500 Y1 der RFI.




Nur wurde es leicht stressiger, denn der Thello EuroNight 221 Paris - Venedig wollte nicht pünktlich kurz nach 8 abfahren. Mein Zug weiter ging um 9, und eigentlich wollte ich kurz meine Erinnerungen an die Altstadt auffrischen. Als er sich zehn Minuten später noch immer nicht zeigte, wanderte ich schon ein Stück die Etsch entlang, öfters nach hinten schauend, denn im Verkehr hörte man die Züge absolut nicht. Um 8:15 konnte ich zumindest diesen alternativen Schuss anfertigen, in der Promenaden-Perspektive auch nett und der Zug schön frei.




An der Etsch wanderte ich über die Ponte delle Navi, worauf sich der Blick in meine Straße - Via Cappello :0) - eröffnete, wo bereits Caffé und Aperol geliefert wurden. Kurz schaute ich zum Haus der fiktiven Julia, es stapelten sich bereits die Touristenmassen unter dem Balkon.




Anschließend ging es vorbei am Amphitheater, welches gerade renoviert wurde, zurück zum Bahnhof.




Auf den Bahnsteigen von Verona finden sich noch alte Geländer und hölzerne Wartehäuschen, wie ich sie sonst selten aus Italien kenne.




Ein heutzutage ebenso antik wirkender - da merkt man, wie alt man wird - Trenord ALe 582 brummte heran und beendete seine Fahrt am Bahnsteig meiner leicht verspäteten Frecciabianca 9707...




... nach Triest. Ich hatte reserviert, mein Platz lag klarerweise in einer vollen Vierergruppe des ansonsten nicht komplett belegten Zuges. Hinter Venedig gestaltete sich die Geschichte noch trauriger, trotz nur einer Handvoll Schnellzügen am Tag fuhr kaum jemand bis zum Zielbahnhof. Nur meine Beine werden das ermöglichte Ausstrecken nicht verdenken, die Sitzabstände sind für ein "Premiumprodukt" gelinde gesagt Liliputbahn-reif.




Ich tankte Erfrischungen nach, dann ging es zum Regionalzug, der wie so oft hier erst spät bereitgestellt wurde und sich schnell mit Schülern füllte. CAF "Civity" ETR 563 waren 2013 beschafft worden, letztes Jahr im Mai hatte ich jedoch keine in Triest gesichtet. Dieser fuhr als R 6018 nach Tarvisio, ich nahm den fünf Minuten später abfahrenden Minuetto als R 20970 Richtung Udine bis zur Abzweigestation Richtung Slowenien, Bivio d'Aurisina.




Leicht ist es nicht an der Küste Bahnblicke zu finden, doch ich folgte meiner Nase einem teils unwegsamen Wanderweg über scharfes Karstgestein: und voilà - CAF auf Klippe mit Schloss Miramare! Das nächste Mal werde ich allerdings nicht bei 30 Grad im Mittagshochlicht herkommen, die Stelle wäre optimal für die kühle Jahreszeit geeignet... Zusätzlich hat man nur wenige Meter weiter einen Blick auf das große Viadukt der Strecke nach Villa Opicina.




Folgt man dem Weg weiter, wird die weiße Klippe oben passiert, dann eröffnet sich dieses Panorama hin auf Monfalcone - rechts oben ein Wendezug mit E464, links in der Mitte das Castello di Duino.




Da ich keine Ahnung hatte, wann der Dampfzug eintreffen würde, scoutete ich einfach nach Stellen und fotografierte was kam. Um 15:00 zurück an der Station Bivio waren gerade einige Bahnarbeiter beschäftigt, als ein Gespann Güterzugloks vorbeikam. Auch am Viadukt sichtete ich zumindest einen Güterzug aus Slowenien kommend.




Ich kehrte lieber etwas früher nach Triest zurück, um anschließend mit der Buslinie 4 zu meiner Unterkunft oben in Villa Opicina zu fahren. Die Straßenbahnlinie ist ja seit dem Zusammenstoß am 16. 8. 2016 wieder einmal gesperrt, die Gleise unten in der Stadt rosten schon - hoffentlich nicht allzu lange, momentan werden die verunfallten Triebwagen repariert. Ich ließ das bisschen Gepäck in der Pension und spazierte durch den schönen Nadelwald zur brutalistischen Pyramiden-Wallfahrtskirche Monte Grisa. Es eröffnete sich ein herrlicher Ausblick von Miramare bis Triest, ich wartete freudig auf den ersten Zug. Doch zu den Planzeiten kam und kam nichts, schon zu lange. In der Ferne bei Monfalcone konnte man eine riesige Rauchsäule erkennen, ich browste ein wenig - und tatsächlich: laut der Trenitalia-Newsseite war die Strecke nach Triest aufgrund eines großen Waldbrands an den Gleisen seit 16:00 gesperrt worden. Ursache dürften Funken von Zugbremsen gewesen sein, die Frage war nur: ist der Dampfzug durch?
Ich blieb noch eine Stunde bis kurz vor Sonnenuntergang. Letztendlich las ich nachts am Zimmer, dass die Strecke um 21:00 wieder eröffnet worden war.






14. 9. 2016

Am nächsten Morgen kurz nach 6 wartete Misko bereits im Auto auf mich, zunächst schauten wir hinunter zum Bahnhof. Da alles mit modernen Zügen belegt war, fuhren wir doch gleich zum Aussichtspunkt Monte Grisa. Kurz nach 7:15 kurvte planmäßig R 2680 Richtung Venedig vom Bahnhof hinauf.




Der Dampfzug hätte nach Faplo um 7:35 abfahren sollen, doch es tat sich - nichts. Hatte er es überhaupt bis Triest geschafft? Fragen über Fragen...
Ein Bonus durch die Wartezeit: langsam arbeitete sich die Sonne auf die Viadukte von Barcola vor - ein Zipfel befand sich mit dieser Frecciabianca-Garnitur um 8 Uhr schon im Licht.




Blick zur angrenzenden Bucht von Koper mit den schon bekannten Minoan Lines. Die Bahnstrecke an Miramare vorbei lag ab 8:20 voll in der Sonne.




Um 8:25 hinten im Bahnhof - juhuuuuuuuuu!




Um 8:40 setzte man sich endlich in Bewegung. Das Warten hatte sich gelohnt, was folgte ist wohl die Dampfszene des Jahres...




... im perfekten Glint am kleineren Viadukt...




Trotz Brandgefahr - Rauch war der Lokmannschaft auch mit Schiebe-D445 definitiv nicht zu kostbar, so kann man die Streckenführung erst richtig nachverfolgen!




Die heutige Morgenunterhaltung brachte Ihnen: FS 728.022 (Floridsdorf Nr. 2650 / Baujahr 1920), ex-Società italiana per il Mar Nero 270.158. Die ursprüngliche kkStB Baureihe 270 wurde 1917 bis 1930 hergestellt. Nach dem 1. Weltkrieg lieferte Österreich die Loks als Reparation unter anderem an Italien. Mit 728.022 passierte dies ein zweites Mal, und so stand sie 1945 - 1958 als 25-022 im Dienst der JZ.




Echte Männer auf ihren Maschinen. Wir hatten schon erfahren, dass in Slowenien durch den Karst leider nicht die 33er, sondern eine Reagan übernehmen würde.




Der Zug war nun eine Stunde verspätet, allerdings würden mit Diesellok wohl nicht so viele und lange Halte eingelegt werden wie ursprünglich geplant.
Kurz blieben wir in Stanjel stehen, ich fotografierte LP 4210 Sezana - Jesenice.




Dann ging es schnurstracks nach Branik.




Diesel hat auch Vorteile - zum Beispiel entstand dieses Bild beim Zurückschieben unter GM-Getöse. Leider ging entlang der gesamten Strecke viel der alten Infrastruktur verloren... hier war ich einst mit Telegrafenleitungen, Formsignalen gewesen, und der ehemalige Bahnhof Branik ist auch nur noch eine zurückgebaute eingleisige Haltestelle.




Der Wasserhalt in Nova Gorica entfiel klarerweise, und schon war man vor Plan unterwegs. Auf der Solkanbrücke wurde ein längerer Fotohalt eingelegt, dann düsten wir vor bis Most na Soci, wo uns ein ebenfalls mit 664 rangierender Nahgüterzug begegnete.




Tunnelblick hinter der Brücke.




Bis Podbrdo erwischten wir den Zug noch drei Mal, meist filmte ich. Hier eine spontane Aufnahme aus dem Auto.




Der Autozug würde zu spät fahren, also ging es über den Berg. Der steile Umweg zahlt sich aus - einfach zuckersüß schön.




In Bohinjska Bistrica war der Sonderzug natürlich längst weg, doch immerhin sahen wir den nachfolgenden Güterzug. Gleichzeitig Endstation desselben, denn um 17:00 musste der Dienst beendet und die Fuhre zurück im Süden sein.




In Bled ebenfalls kein Zeichen des Sonderzuges mehr, ein kurzes Touri-Foto wurde eingelegt.




In Jesenice - wo man erst zwei Stunden später hätte sein sollen - stand schon vor vier 33-037 zur Abfahrt Richtung Ljubljana bereit.




Wir holten uns die neuesten Informationen zu Kreuzungshalten auf der dicht belegten eingleisigen Hauptstrecke.




Per Telefon erfuhren wir auf der Fahrt von einem weiteren, dadurch ging sich dieser Notschuss auf einer dicht befahrenen Straßenbrücke vor Lesce aus.




Es folgte ein langer Halt am Postkarten-Motiv von Lesce-Bled.









Eine Gomulka-Kreuzung noch, dann die Ausfahrt. Leider hatten die Vier vom Brandbeobachtungszug ihr graffitiertes Vehikel direkt vor der Lok geparkt, ohne Bemalung wäre es netter. Dafür gaben die Jungs ein gutes Motiv ab.




Wir passierten Kranj und stellten uns ins offene Feld vor Skofja Loka. Die Stimmung war teils bedrohlich, aber immer ausgezeichnet. LP 2410 Ljubljana - Jesenice düste vorbei.




Was kam? Sonne oder Gewitter?




Beides! :-) Aber kein Dampfzug...




Endlich, um 18:00 schaffte er es mit zarter Beleuchtung, Regenbogen und Alpenkulisse.




In Skofja Loka präsentierte sich die Stimmung nicht minder bombastisch. EC 213 "Mimara" Villach - Zagreb überholte auf der Bahnhofs-Umfahrungskurve mit ordentlichem Karacho.




Der Himmel teilte sich entzwei für den Dampfzug - hier mit überzogener Bearbeitung, ein bisschen Abwechslung muss sein.




Am Abend schauten wir kurz beim Eisenbahnmuseum und Dampflokschuppen Ljubljana vorbei.




An 33-037 wurde gerade kurz gewerkelt - doch leider keine Schlacke entladen, denn sie sollte am gleichen Abend wieder nach Jesenice zurück.



Bis zum nächsten Morgen in Ljubljana! :-)

e-blue

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Re: Ost... Alpentour? - 1: O Romeo! (50 B.)
« Antwort #1 am: 22. Dezember 2016, 10:16:28 »

Sehr schöne Reportage, da freut man sich doch schon auf die nächste warme Jahreszeit.  ;) :D ;D

lG
e-blue